Wien/Keystone - Der Skiweltcup beginnt am Wochenende in Finnland und damit kehrt auch Bode Miller auf die Weltcup-Pisten zurück. Der geniale wie unberechenbare US-Amerikaner überrascht nach einer schwachen Saison, in der er mit seinen Party-Eskapaden vor allem bei Olympia die Sportwelt vor den Kopf gestoßen hat, als "neuer" Mensch. Und er hat sich ein hohes Saisonziel gesetzt. Der 29-Jährige will einen neuen Rekord an Weltcupsiegen aufstellen.

Teamhotel statt Motorhome

Den halten Ingemar Stenmark und Hermann Maier mit jeweils 13 Saisonsiegen, was der vierfache Weltmeister und Sieger von 21 Weltcup-Rennen im kommenden Winter ändern will. Klappen soll das, weil der Individualist aus New Hampshire einige seiner Sichtweisen völlig auf den Kopf gestellt hat. So hat er sich wieder voll ins Team-Training integriert wird statt im Wohnmobil künftig wieder im Mannschaftshotel nächtigen.

Das freut vor allem seinen US-Cheftrainer Phil McNichol, der sich an seinem oft "ungreifbaren" Enfant Terrible fast schon die Zähne ausgebissen hatte. "Bode neu" gibt es im kommenden Winter freilich gleich auf mehreren Ebenen. Er hat nicht nur neue Ski (Head statt Atomic) und einen neuen Kopfsponsor (Superfund statt Barilla), er ist nach der Trennung von Freundin Karen auch wieder Single. Mit Ex-Speed-Coach John McBride wird ein eigener Vertrauenstrainer exklusiv für Miller abgestellt.

Entschuldigung

Die größte Änderung hat der Weltcup-Gesamtsieger von 2005 und Vorjahres-Dritte aber offensichtlich im Kopf durchgemacht. Bei seiner wöchentlichen "Bode Show" im Satelliten-Radio Sirius entschuldigte er sich nicht nur pauschal beim US-Verband und seinen Trainern für seine Sturheit in der Vergangenheit, er erklärte dabei auch die Vorteile seiner Zusammenarbeit mit dem Ski-Verband. "Es ist die einzige Möglichkeit, im Weltcup zu bestehen. Nur dort bekommst du alles, was du brauchst", sagte Miller und gestand: "Ohne den Verband hätte ich nie erreicht, was ich erreicht habe."

Millers Einsichten sind nicht ganz uneigennützig. Vor wenigen Wochen erst hatte er erneut einen baldigen Rücktritt nicht ausgeschlossen, nun will er es aber als Teamplayer noch einmal ganz genau wissen. "Es ist einfach am effektivsten so. Nicht nur wegen des Trainings, sondern auch für mich als Persönlichkeit. So kann man am meisten lernen und ein besserer Mensch werden. Das gilt speziell für jemanden wie mich, der so stolz und so stur sein kann", gab sich Miller im Radio geradezu geläutert.

Hohe Erwartungen

Auch Medien-Betreuer Marc Habermann nimmt das erfreut zur Kenntnis. "Dadurch wird vielleicht auch meine Arbeit etwas leichter." Miller werde zwar immer seinen eigenen Kopf haben, "aber so konzentriert und ernsthaft habe ich ihn noch nie erlebt. Er dürfte sich einiges vorgenommen haben und wir dürfen einiges von ihm erwarten", sagt der Österreicher, der künftig nicht nur die Herren, sondern auch die Damen und die Trainer des US-Verbandes coacht und seinen Vertrag soeben bis 2010 verlängert hat. Millers Ansage vom Rekord-Versuch hält Habermann für weniger klug. "Daran wird er nun die ganze Saison gemessen werden."

Ob Miller, der bei der WM in Aare/Schweden Titelverteidiger in beiden Speed-Disziplinen ist, nun wieder zu den großen Weltcup-Favoriten zählt, kann man schon am Sonntag beim Auftakt-Slalom in Levi erleben. Vielleicht hat Miller aber den größten Konkurrenten ohnehin im eigenen Team.

Denn US-Kombi-Olympiasieger Ted Ligety, zusammen mit Miller und dem Norweger Aksel-Lund Svindal einer der großen Herausforderer der Österreicher, brillierte trotz seines im Pitztal gebrochenen Zeigefingers beim Abschlusstraining der Amerikaner in Colorado. Mit nur einem Stock verlor er im Slalom gerade mal eine Sekunde und erzielte im Riesentorlauf-Training klare Bestzeit. Ohne Stöcke. (APA)