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Bei der Parade 2005 verletzte ein orthodoxer Jude zwei Teilnehmer tödlich.
Foto: APA/AP/Brennan Linsley

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Grenzpolisten schirmten den Zug der AktivistInnen ab.
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Jerusalem/Rom - Eigentlich hätte ein festlicher Aufmarsch der Lesben und Schwulen in Jerusalem schon im heurigen August stattfinden sollen, doch zu diesem Zeitpunkt war der Stadtverwaltung und den Organisatoren die Sicherheitslage wegen des Libanonkriegs zu unstet.

Nachdem die Waffen dann endlich schwiegen, wurde Freitag dieser Woche als Termin für die "Gava 2006"-Parade auserkoren - aber am Donnerstag teilte die israelische Homosexuellenorganisation Habait Hapatuach (Das offene Haus) mit, dass die Feier, statt auf den Straßen der israelischen Hauptstadt und religiösen Metropole von Juden, Christen und Muslimen, im Stadion stattfinden werde.

Am Freitagnachmittag versammelten sich dann mehr als 2000 Lesben und Schwule in der von 3000 PolizistInnen abgesicherten Arena für sportliche Veranstaltungen. "Ich bin stolz, eine lesbische Jüdin zu sein", stand auf dem von einer Teilnehmerin mitgebrachten Transparent. "Wieso werden wir in die Enge getrieben? Es gibt mehr als eine Art, Jude zu sein", zeigte sich Yossi Gilad, ein 36-jähriger Menschenrechtsaktivist aus Tel Aviv, nachdenklicher.

Offiziell war die Verlegung ins Stadion mit angekündigten Selbstmordanschlägen der radikal-islamischen Hamas begründet worden. Mit dem Schutz der Parade wäre die Polizei darüber hinaus überfordert, hieß es. Mitentscheidend dürften aber auch die Proteste orthodoxer Juden gewesen sein.

Diese erreichten vergangene Woche ihren Höhepunkt, als es in Jerusalem zu Zusammenstößen von Gläubigen mit der Polizei kam. Die orthodoxen Paradegegner hatten auf den Straßen unter anderem Feuer entzündet, um ihren gegen den geplanten "Umzug von Wüstlingen" zu protestieren. Drei Polizisten wurden bei den Zusammenstößen verletzt. Um den Aufmarsch der Lesben und Schwulen zu sichern, werde man wohl "an die 10.000 Polizisten" einsetzen müssen, hatte es damals geheißen.

Tödliche Messerstiche

Tatsächlich ist der Zorn der orthodoxen Juden auf in der Öffentlichkeit sichtbare gleichgeschlechtlich Liebende groß: Beim Homosexuellenumzug in Jerusalem 2005 hatte ein Orthodoxer drei Paradeteilnehmer tödlich mit einem Messer attackiert.

Gegen die "Gava 2006" im religiösen Jerusalem - im "sekulären" Tel Aviv finden seit mehr als zehn Jahren ohne größere Proteste Homosexuellenparaden statt - hatten sich im Vorfeld orthodoxe Rabbiner mit Muslimen und konservativen Christen verbündet. Bereits im Sommer hatte Israels sephardischer Oberrabbiner, Schlomo Amar, schriftlich an Papst Benedikt XVI. appelliert: "Wir bitten Ihre Exzellenz, einen starken und eindeutigen Aufruf gegen diese schreckliche Erscheinung zu richten."

Anfang November dann machte auch der Vatikan gegen den Aufmarsch mobil. Dieser stelle einen Affront gegen die Gläubigen der großen monotheistischen Religionen dar, hieß es in einem Schreiben. Die Apostolische Nuntiatur in Israel teilte dem israelischen Außenministerium zu Wochenbeginn das "Bedauern Roms" über die geplante Gay-Parade mit. Angesichts vo so viel religiösem Druck stelle die Stadion-Parade letztlich "einen Sieg der Menschenrechte" dar, hieß es am Freitag von Seiten der Aufmarsch-Organisatoren. (bri, DER STANDARD, Print, 11.11.2006)