Wien/Berlin - Im Zusammenhang mit der neu aufgeflammten Kritik an der internationalen Bildungsvergleichsstudie PISA wird nun Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) aktiv. Sie werde ihre PISA-Mitarbeiter nach Deutschland schicken, wo diese gemeinsam mit Vertretern der Kultusministerkonferenz (KMK) die Vorwürfe überprüfen sollen, sagte sie am Donnerstag gegenüber der APA. Die KMK hat gestern, Mittwoch, eine Überprüfung der Ergebnisse angekündigt.

"Spektakuläres Scheitern"

Der Münchner Physiker Joachim Wuttke hatte am Mittwoch dem PISA-Institut der OECD "spektakuläres Scheitern" vorgeworfen. Er sprach von "einem kapitalen Programmierfehler" des Projektzentrums in Australien und kritisierte, die PISA-Stichprobe sei nicht repräsentativ. Wuttke ist einer der Autoren eines neuen Sammelbandes, in dem rund zehn deutsche Wissenschafter die PISA-Studie einer Fundamentalkritik unterziehen ("PISA & Co - Kritik eines Programms", Verlag Franzbecker).

Kritikpunkte aufklären

"Man muss sich darauf verlassen können, dass die Ergebnisse vergleichbar sind", betonte Gehrer. Schließlich werde der Stellenwert internationaler Bildungsstudien immer höher, und deren Ergebnisse hätten Auswirkungen auf politische Entscheidungen und das Image eines Bildungssystems. Sowohl bei PISA als auch bei anderen internationalen Studien seien deshalb noch Entwicklungen notwendig. Der in der OECD u.a. für PISA zuständige Andreas Schleicher müsse sich bemühen, die Kritikpunkte aufzuklären und wenn notwendig etwas ändern.

Bildungsstandard 2008

Gehrer erinnerte daran, dass sie die Ergebnisse der PISA-Studien 2000 und 2003 vom Wiener Statistiker Erich Neuwirth überprüfen habe lassen. Dabei sei herausgekommen, dass die Grundmengen zwischen den beiden Studien nicht vergleichbar gewesen seien und man deshalb nicht sagen könne, dass die österreichischen Schüler schlechter geworden seien. Klar ist für Gehrer auch, dass nationale Qualitätsüberprüfungen benötigt würden, weshalb ab 2008 Bildungsstandards gesetzlich eingeführt würden.

"Auf Wissenschaft verlassen"

KMK-Generalsekretär Erich Thies hatte am Mittwoch eine Überprüfung der PISA-Ergebnisse angekündigt, ob die Ergebnisse Wuttkes stichhaltig seien. Die Politik sei "nicht in der Lage, ein empirisches Verfahren nach seiner Richtigkeit zu prüfen". Sie müsse sich dabei "voll auf die Wissenschaft verlassen können."

"Vorwürfe sind Blödsinn"

Die OECD wies Zweifel an der Methodik und der korrekten Auswertung der Daten kategorisch zurück. Diese entbehrten "jeglicher wissenschaftlicher Grundlage", hieß es seitens der OECD in Berlin. Der Leiter der deutschen PISA-Tests, Manfred Prenzel, nannte die Vorwürfe "Blödsinn", Wuttke habe vieles nicht verstanden. Man sei keinem Programmierfehler aufgesessen: "Wir rechnen die PISA-Tests alle selbst parallel zu den Australiern durch." (APA)