Rund tausend Passivhäuser gibt es mittlerweile in Österreich, am kommenden Wochenende (10.-12. November) können mehr als hundert davon besichtigt werden: Die IG Passivhaus lädt zum 3. Mal zu den "Tagen des Passivhauses". In fast allen Bundesländern können Einzelobjekte besichtigt werden, zudem wurden mehr als zwanzig Exkursionen organisiert (Termine siehe Website der IG Passivhaus, Anmeldungen teilweise noch möglich).

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Einfamilienhaus Schwarz,
Pettenbach (OÖ)

Foto: IG Passivhaus

"Jeder findet in seiner Nähe ein Passivhaus, das zu besichtigen ist", verspricht Günther Lang, Obmann der IG Passivhaus. Und das nicht nur in Österreich: Auch in mehreren anderen europäischen Ländern (etwa Deutschland, Italien, Tschechien, Slowakei und die Schweiz) sowie in den USA finden die Tage des Passivhauses statt. Schließlich stehen in ganz Europa mittlerweile bereits rund 8.000 solcher "Häuser der Zukunft".

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Einfamilienhaus Zimmel/Pieringer,
St. Andrä/Wördern (NÖ)

Foto: IG Passivhaus

Definiert ist das Passivhaus nach den Kriterien des Passivhaus Instituts in Darmstadt sowie des "klima:aktiv Passivhaus"- Kriterienkatalogs mit einem maximalen Heizwärmebedarf von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Der Restwärmebedarf kann durch Erwärmung der Zuluft mit Hilfe des obligaten Be- und Entlüftungssystems erfolgen.

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Einfamilienhaus Platzer,
Hermagor (Kärnten)

Foto: IG Passivhaus

Passivhäuser brauchen somit rund 80 Prozent weniger Heizenergie als herkömmliche Neubauten. Es kostet gegenüber dem derzeit häufigsten Bautyp, dem Niedrigenergiehaus mit einer Energiekennzahl von 50 kWh/m², zwar im Durchschnitt um fünf Prozent mehr, bekommt aber je nach Bundesland eine oft wesentlich höhere Wohnbauförderung zugesprochen.

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Wohnhausanlage Pantucekgasse,
Wien 11 (Fertigstellung im Dezember)

Foto: derStandard.at/Putschögl

Der Name "Passivhaus" leitet sich davon ab, dass im wesentlichen die "passive" Nutzung der vorhandenen Wärme aus der Sonneneinstrahlung durch die Fenster sowie der Wärmeabgabe von Geräten und Bewohnern ausreicht, um das Gebäude während der Heizperiode auf angenehmen Innentemperaturen zu halten. Gleichzeitig soll der sonstige Energie- (vor allem Strom-)bedarf durch den Einsatz effizienter Technik minimiert werden.

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Einfamilienhaus Obernosterer,
Rosegg (Kärnten)

Foto: IG Passivhaus

Dass es für eine "Energiewende" hoch an der Zeit ist, hat der Umweltdachverband diese Woche in einer Pressekonferenz gemeinsam mit der IG Passivhaus klar gemacht: Österreich werde das im Kyoto-Klimaschutzprotokoll vereinbarte Ziel, bis 2012 die Emissionen um 13 Prozent (gegenüber 1990) zu senken, keinesfalls erreichen. Der Energieverbrauch der österreichischen Wirtschaft sei gegen den EU-Trend zuletzt sogar gestiegen, berichtete Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes.

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Bürogebäude Fa. natur&lehm,
Tattendorf (NÖ)

Foto: derStandard.at/Putschögl

In der Vorwoche hat die EU-Kommission Österreich diesbezüglich eine Mahnung zugestellt: Für die Emissionsüberschreitung von 2008 bis 2012 steuert die Alpenrepublik auf Strafzahlungen von rund vier Milliarden Euro zu. Mit diesem Betrag könnten laut Berechnungen der IG Passivhaus 29 Millionen Quadratmeter Altbauten der Nachkriegsjahre auf Passivhausstandard saniert werden.

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Mehrfamilienhaus Mühlweg,
Wien 21

Foto: IG Passivhaus

Würde der Passivhausstandard im Neubau sowie in der Altbausanierung kontinuierlich umgesetzt, ließe sich bis 2020 ein Einsparungspotenzial erreichen, das mit der Leistung von 23 Donaukraftwerken oder dem Treibstoffverbrauch von 2,3 Millionen PKW vergleichbar ist, berechnete die IG Passivhaus in einer vom bm:vit (das im Übrigen mit der seit dem Jahr 1999 laufenden Programmlinie "Haus der Zukunft" diese Forschungen wesentlich vorangetrieben hat) in Auftrag gegebenen Studie.

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Einfamilienhaus Proyer,
Steyr (OÖ)

Foto: IG Passivhaus

Die CO2-Emissionen würden sich außerdem um 6,2 Millionen Tonnen reduzieren.

Durch mehr Energieeffizienz entstehe deshalb eine "Win-Win-Situation", so Heilingbrunner: ...

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Schulsanierung,
Schwanenstadt (OÖ)

Foto: IG Passivhaus

"Wenn durch den Einsatz innovativer integrierter Technologien der Verbrauch von Ressourcen reduziert und dadurch Emissionen und Abfälle eingespart werden, dann bedeutet das einerseits eine Kosteneinsparung und gleichzeitig einen positiven Beitrag zur Verbesserung der Umweltsituation." Die Passivhaus-Technologie sei deshalb eine der entscheidenden Möglichkeiten, den Klimawandel aufzuhalten, pflichtet ihm Lang bei.

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Bürogebäude SOL4,
Mödling (NÖ)

Foto: IG Passivhaus

Davon überzeugen kann man sich an diesem Wochenende: Neben Ein- und Mehrfamilien- häusern sowie Bürogebäuden können unter anderem auch ein Pensionistenheim, ein Kindergarten und zwei Schulen in Passivhausbauweise besichtigt werden. Wer nach dem Besuch dieser vielen innovativen Bauprojekte hungrig ist, kann sich danach oder dazwischen auch im ersten (und einzigen) Passivhaus-Würstelstand Österreichs in Seewalchen (OÖ) stärken.

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Bezirkspensionistenheim,
Weiz (Steiermark)

Foto: IG Passivhaus

Unter den Objekten, die besichtigt werden können, befinden sich auch ein paar preisgekrönte Häuser wie die passivhaussanierte Wohnanlage in der Linzer Makartstraße, die vor kurzem den Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit abgeräumt hat, oder die Produktionshalle der Fa. Obermayr in Schwanenstadt, ausgezeichnet mit dem Bauherrenpreis 2006.

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Produktionshalle Fa. Obermayr,
Schwanenstadt (OÖ)

Foto: IG Passivhaus

Meist (gegen Voranmeldung) für Besucher geöffnet ist auch das S-House in Böheimkirchen (NÖ), das – neben vielen anderen Preisen - vor kurzem ebenfalls mit dem "Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit" prämiert wurde und als "Zentrum für Nachwachsende Rohstoffe und Nachhaltige Technologien" samt Dauerausstellung fungiert.

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S-House,
Böheimkirchen (NÖ)

Foto: derStandard.at/Putschögl

Derzeit sind nur vier Prozent aller österreichischen Neubauten Passivhäuser, dieser Anteil sollte nach Schätzungen der IG Passivhaus bis 2010 auf ein Viertel anwachsen. 16.000 Arbeitsplätze bietet dieser Sektor mittlerweile, insgesamt wird ein Umsatz von über einer Milliarde Euro erwirtschaftet.

Und die Nachfrage nach österreichischem Passivhaus-Know-how ist auch im Ausland groß: ...

Grafik: IG Passivhaus

Derzeit laufen Verhandlungen, das Olympische Dorf für Vancouver 2010 komplett in Passivhaus-Bauweise zu errichten. Und Ende November werden sich zudem ranghohe Repräsentanten des Washingtoner Weißen Hauses in Wien von der Qualität der österreichischen Passivhäuser ein Bild machen.
(Martin Putschögl)

Links:
IG Passivhaus
Haus der Zukunft
Umweltdachverband

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Einfamilienhaus Waxmann,
Traiskirchen (NÖ)

Foto: derStandard.at/Putschögl