Der Chef des Banken-U-Ausschusses, Martin Graf: "Am Ende des Ausschusses könnten ein neues Aufsichtsgesetz oder Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft stehen."

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Der FPÖ-Mandatar schießt sich im Gespräch mit Renate Graber auf die Aufsicht ein.

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STANDARD: Die Banker sind auf den Barrikaden; sie meinen, allein der Antragstext für den Banken-U-Ausschuss schade dem Finanzplatz Österreich. Verstehen Sie die Empörung?

Graf: Kennen Sie einen U-Ausschuss, über den sich die Betroffenen nicht beschwert haben? Ich habe auch die Empörung des Herrn Proksch verstanden (Lucona-Ausschuss; Anm.). Und ich weiß, dass viele ein gespanntes Verhältnis zum Parlamentarismus haben. Das ist ein Mehrparteienantrag, da wird eben schärfer formuliert. Entscheidend ist unser Auftrag: Wir müssen "sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortung prüfen".

STANDARD: Wenn Sie das tun, brauchen Sie Jahre.

Graf: Die Themen werden sicher eingeschränkt, wir werden am Dienstag festlegen, in welchen Tranchen, welche Institutionen und Geschäfte in welchen Zeiträumen wir prüfen. Mein Ziel ist ein Endbericht bis März. Unser primärer Adressat sind Finanzmarktaufsicht FMA, Nationalbank, Finanzministerium, Prüfinstanzen der Einlagensicherung, Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsräte. Das ist auch die Chance, nach knapp vier Jahren das FMA-Gesetz zu evaluieren. Es gab eben Missstände in den Banken, die zu spät, nur zufällig oder gar nicht bekannt wurden.

STANDARD: Sie haben das FMA-Gesetz 2002 selbst mitbeschlossen. Die FMA muss jedes Jahr Rechenschaft vor dem Parlament ablegen ...

Graf: ... die Aufsicht ist ja auch effizienter geworden. Die Frage ist, ob effizient genug. Wir schauen uns an, ob es Schwächen gegeben hat; weil in den Prüfberichten ist von all den Problemen der Banken nichts zu lesen. Jeder Bürger und Abgeordnete fragt sich, wie das alles an der Finanzmarktaufsicht vorbei gehen konnte. Die Banken sind nicht optimal beaufsichtigt, das ist verbesserungswürdig.

STANDARD: Sie sollen die Bawag-Gebarung ab 1998 untersuchen; wissen Sie, wie viele Bawag-Berichte es seither gegeben hat?

Graf: Nein.

STANDARD: Wie gerät die "Insolvenzgefahr der Tiroler Sparkasse" in den Antrag? Die wurde 2001 nach Problemen von der Ersten aufgefangen.

Graf: Ihre Probleme fielen in die Ära der neuen FMA.

STANDARD: Nein, die FMA gibt es erst seit April 2002. Wo sehen Sie den größten Aufklärungsbedarf?

Graf: Ich sehe noch gar keinen Aufklärungsbedarf, es gibt eine Reihe von kolportierten Verdachtslagen. Man muss sich das vorstellen: Bei der Hypo Alpe-Adria wurde sogar das Testat zurückgezogen, das gab es noch nie.

STANDARD: Wissen Sie, wie dieses Verfahren ins Laufen kam?

Graf: Nein. Ich kenne auch nicht jeden einzelnen Fall, der im Antrag angerissen ist.

STANDARD: Die FMA hat Anzeige beim Staatsanwalt erstattet.

Graf: Und wo waren die Staatskommissäre, die Aufsichtsräte? Da muss man vielleicht gesetzlich nachjustieren: Der Aufsichtsratspräsident in einem größeren Unternehmen hat keine Zeit mehr für zusätzliche Aktivitäten.

STANDARD: Ist Punkt 12 im Antrag tendenziös formuliert?

Graf: Da muss ich nachlesen.

STANDARD: Es geht um "so genannte Ostgeschäfte österreichischer Banken", "fragwürdige Kundenbeziehungen", "die Begünstigung groß angelegter Geldwäsche".

Graf: Von mir hören Sie keine Wertungen, als Ausschussobmann muss ich Äquidistanz üben.

STANDARD: Welche Ostgeschäfte welcher Banken werden Sie untersuchen?

Graf: Die, bei denen begründete Verdachtslagen bestehen. Sicher aufklärungsbedürftig ist aber der bulgarische Mobiltel-Deal zwischen Schlaff-Taus-Cordt, Bawag und Telekom. Die Leute hat man vielleicht mitverdienen lassen. Und wir werden sicher prüfen, ob es in der Causa Bawag Parteienfinanzierung gab.

STANDARD: Glauben Sie, dass österreichische Unternehmen im Osten Geld waschen?

Graf: Ich schließe nichts aus.

STANDARD: Sie sind bei der umstrittenen schlagenden Verbindung "Olympia". Warum haben Sie keinen Schmiss?

Graf: Ich habe besser gefochten.

STANDARD: Wie stehen Sie zum Nationalsozialismus?

Graf: Ich kann ihm nichts Gutes abgewinnen.

STANDARD: Warum bezeichnen Sie sich als "Österreicher deutscher Herkunft"?

Graf: Weil ich es bin, wie die Mehrheit der Österreicher. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11./12.11.2006)