Kommenden Dienstag und Mittwoch tagt die Nato in Riga und den Deutschen ist schon klar, dass in der lettischen Hauptstadt kaum Smalltalk bei Kaffee auf sie zukommt. Denn immer deutlicher werden in der Nato die Stimmen, die mehr deutschen Einsatz in Afghanistan fordern.

Rund 2800 Deutsche befinden sich dort im Rahmen der Nato-Friedenstruppe Isaf, aber fast nur im ruhigeren Norden, wo sie vor allem zivile Aufbauarbeit leisten. Berlin möge doch bitte seine Soldaten auch in den ungleich gefährlicheren Süden schicken, drängen zunehmend Amerikaner, Kanadier und Briten. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hatte am Wochenende einen hohen Beamten des US-Verteidigungsministeriums zitiert, der sich über die deutsche Teilung beschwert: „Wir hassen solche Vorbehalte. Sie vertragen sich nicht mit einem solidarischen Verhalten.“

Und ein britischer Abgeordneter beklagt laut deutschen Medienberichten, die Deutschen trügen Mitschuld am Tod von zwölf kanadischen Soldaten. Während der Operation „Medusa“ im Sommer habe der ISAF-Kommandant Hilfe erbeten, weil kanadische Einheiten im Süden in schwerer Bedrängnis waren. Doch die Deutschen hätten mitgeteilt, man könne keine Soldaten schicken, da es dafür kein Mandat des Bundestags gebe.

Die Regierung in Berlin bestreitet dies und betont, es habe keine offizielle Anfrage gegeben. Deutschland habe ein Mandat, „in dem wir in Notfällen auch im Süden helfen können, aber wir glauben, dass an diesem Mandat nichts geändert werden sollte“, sagt Kanzlerin Angela Merkel, unterstützt von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Man könne den Einsatz im Norden nicht dadurch gefährden, „dass wir jetzt kopflos Personal und Soldaten von dort abziehen“, erklärt er. Doch gänzlich prallen die Forderungen nicht an Berlin ab. Merkel möchte, dass die deutsche Beteiligung am Wiederaufbau für die Bevölkerung in Afghanistan deutlicher sichtbar wird und, Strategien sollen in Riga besprochen werden. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 22.11.2006)