Im Keller des Wiener Schottenstifts sind die Jugendlichen glaubenstechnisch autonom.

Foto: Standard/Fischer

Der Fünfhaus-Treff am Sonntagnachmittag.

Foto: Standard/Fischer

Die Jugendarbeit der katholischen Kirche beschränkt sich nicht nur auf Beten und Bibelstunden. Zwei Jugendgruppen gehen mit einem unterschiedlichen Zugang, aber mit demselben Ziel an den Glauben heran.

Wien – Eine Lungenentzündung, so lästig und langwierig sie auch ist, kann manchmal auch etwas nützen. Bruder Bernd Aschenbrenner, Jugendgruppenbetreuer in der Kalasantinischen Pfarre Wien-Fünfhaus hat in diesen zwei Wochen, in denen er ans Bett gefesselt war, ein Musical geschrieben. "Show Me the Way" hieß das Stück und wurde von den Jugendlichen, die sich nicht nur an den monatlich stattfindenden Jugendnachmittagen, sondern auch in kleineren Gruppen in ihren Heimatbezirken treffen, dann auch einstudiert und aufgeführt. Nach der Premiere wurde mit vier Aufführungen in Wien und Langenlebarn regelrecht eine kleine Tournee daraus.

Doch worum ging es? Jugendliche finden auf verschiedenen Wegen (wieder) zum Glauben an Gott. Die Wege des Herren sind bekanntlich unergründlich – umgekehrt lässt sich der Zugang der gläubigen jungen Katholiken zu Gott leichter ermitteln. Für die meisten war ein christliches Leben nicht immer selbstverständlich. "Man bekommt von Kindheit an was mit", sagt der 19-jährige Michael Weinlich. Er sei auch bis zu seinem 16. Lebensjahr mit seinen Eltern in die Kirche mitgegangen, doch die Überzeugung kam erst mit der Zeit. Auch Clara Gammeshofer kommt aus einer christlichen Familie. Mit zwölf, 13, im besten Alter für beginnende Rebellion, kam auch eine "kleine Krise", erzählt die heute 19-Jährige. Auf einer Sportwoche habe sie eine Gotteserfahrung gemacht. So eine Überzeugung löste im Umfeld zuweilen Unverständnis aus. "Da merkt man, wer deine Freunde sind", sagt sie. "Diese respektieren deinen Glauben."

Vor Kurzem sei sie für zehn Monate nach Peru gefahren, um mit Menschen und vor allem Kindern zu arbeiten. Dort habe sie "Gott in den Menschen gesehen", etwas, was ihr in Österreich noch nie widerfahren ist. Eine solche Erfahrung sei "durch nichts zu ersetzen." "Es ist heute nicht selbstverständlich, dass man gläubiger Christ ist", sagt Weinlich. Mathias Lehnfeld pflichtet ihm bei: Wenn alles schlecht laufe, werde man sauer. Deswegen ist es für ihn wichtig, wie an diesem Sonntagnachmittag, Menschen um sich zu haben, die in jeder Situation an Gott glauben, mit denen man "den Weg gemeinsam geht".

Der Jugendnachmittag in der Kirche am Maria-vom-Siege-Platz ist mit fast 40 Jugendlichen gut besucht und das liegt nicht daran, dass es diesmal zur 19-jährigen Jubiläumsfeier zur Priesterweihe von Pfarrer Bruno Meusburger Mozartknödel gibt. "Das ist leider nicht immer so," bedauern viele. Was Veronika Lehnfeld an der Gemeinschaft "ur-aufgefallen ist, ist dass 'draußen' jeder cool sein muss. Hier sind alle normal. Das heißt nicht, dass alle gleich beste Freunde sind, aber hier muss man sich nicht ständig beweisen". Es werde auch offen über alles geredet und Werte werden vermittelt, sagt Matthias Lehnfeld. Bevor er über den Glauben diskutiert, ist es nötig, sich über Sachverhalte zu informieren. Die Regensburger Papstrede habe er zum Beispiel gelesen. "Schimpfen ist ziemlich leicht, doch selbst etwas besser zu machen, ist eine andere Sache", meint er zu der Kritik an der katholischen Kirche. "Die Kirche besteht auch nur aus Menschen", ergänzt Weinlich. "Die Frage ist, ob man das Gute sehen kann und will."

Religion "gut verpackt"

Um Werte und den Umgang mit anderen geht es auch im "Keller", dem Jugendtreff des Schottengymnasiums an der Freyung. Am "Kellerdienstag" werden religiöse Themen in einem "lustig-blödelnden bis ernsthaften Programm" "gut verpackt", spaßen die Jugendlichen. Sie bestimmen selbst, worüber sie diskutieren möchten. Der Keller ist unabhängig vom Stift und davon, "dass der Leiter ein Mönch (Christoph Merth, Anm.) ist". "Wir beten in den Gruppen nicht gemeinsam und haben auch keine Fahne, auf der 'Wir sind katholisch' steht", sagt Oliver Günther (22). Aber dennoch orientiere man sich an den christlichen Werten. Eine Möglichkeit, gemeinsam den Gottesdienst zu feiern, gibt es trotzdem: Freitagmorgens im "Keller". Zum Kellerdienstag sind generell alle eingeladen, auch Jugendliche anderer Konfessionen, doch hauptsächlich kommen Schüler des Schottengymnasiums ab 14 Jahren und einige wenige Studenten. "Die größte Genugtuung ist, wenn man noch Jahre nach der Schule von ehemaligen Kellerbesuchern angesprochen wird, die sagen, dass sie etwas gelernt haben", ist Organisator Alexander Trofaier zufrieden. (Marijana Miljkovic/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.11. 2006)