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Wien - Die in Deutschland umjubelte Show "Afrika! Afrika!" gastiert ab Donnerstag in Wien. André Heller brachte für dieses Spektakel der Sensationen mehr als 100 Künstler aus 15 afrikanischen Ländern zusammen. Auf der Bühne findet Ausnahmeakrobatik als pures Konzentrat an Lebenslust statt – doch dahinter stehen auch ernste Anliegen und politische Botschaften. Trotzdem sei es letztlich eine Show – und "kein ethnologischer Kongress, kein politischer Fingerzeigevent", wie Heller betont.

Für das mit 13. Jänner geplante Gastspiel-Ende hinaus gibt es keine Chance auf Verlängerung. Ab 29. Jänner spielt man bereits in Stuttgart. Bis heute wurden in Wien bereits 50.000 Karten verkauft, auf 120.000 bis 130.000 Besucher hofft man insgesamt.

"Ich habe schon viele merkwürdige Erfolge gehabt in meinem Leben, aber das ist der, der vielleicht am meisten Sinn macht", meinte André Heller, auf dessen Idee und Initiative "Das magische Zirkusereignis vom Kontinent des Staunens" zurückgeht. Es gehe darum, den Respekt vor den Leistungen afrikanischer Künstler zu vergrößern ("Diese großen Kulturwesen sind auch nicht weniger wert als die Anna Netrebko oder die Elfriede Jelinek") und die herrschende Abwehrhaltung gegenüber Afrika zu verändern. "Normalerweise hat man hier einen eher negativen Eindruck von Afrika", meinte Choreograf Georges Momboye, der auch selbst täglich auftritt, "wir versuchen, eine positive Energie zu vermitteln, wie aus einem afrikanischen Dorf."

Politiker sollen Kreativität Afrikas unterstützen

"Ich möchte, dass die Leute in Afrika mehr sehen als Arbeitssuchende und Emigranten", unterstrich Makaya Dimbelolo, der als "Körperexzentriker" Huit Huit einen der Höhepunkte der Show bietet, indem er sich durch einen Tennisschläger windet. Politiker sollten die Kreativität unterstützen, die in Afrika vorhanden sei, niemand käme freiwillig nach Europa. "Aber hinter jedem Künstler, den Sie hier sehen, stehen mindestens 60 Personen, die der Künstler ernährt!" André Heller nahm den Ball auf: "Wir werden bei der Premiere viele österreichische Politiker und Wirtschaftstreibende hier haben. Vielleicht fällt denen nachher ein anderes Handeln ein, was Afrika angeht."

Familienprogramm, kein Agit-Prop

In der Show selbst wird Derartiges allerdings nicht thematisiert: "Es ist eine Show, ein Familienprogramm, kein Agit-Prop, kein ethnologischer Kongress, kein politisches Fingerzeigprogramm unter Schutzherrschaft der UNESCO", sagte Heller, "aber wir nützen das Vehikel des Erfolgs, um diese Themen anzusprechen, wir formulieren die politische Botschaft bei den Pressekonferenzen und bringen sie in die Medien. So wird die Show zum Anknüpfungspunkt für viele Dinge." Etwa für eine gemeinsam mit der UNESCO gegründete Stiftung, die Kulturprojekte in Afrika fördert, und an die ein Euro pro Zuschauer abgeführt wird. Verteilt wird das Geld über die Goethe-Institute in Afrika. Heller: "Es gibt dort kaum Kulturförderung. Meines Wissens sind wir da die erste und bisher auch einzige Initiative."

US-Tour und vielleicht zweite Europa-Show

Er habe zunächst Mitarbeiter mit Videokameras durch Afrika geschickt und das viele Stunden umfassende Videomaterial gemeinsam mit Georges Momboye gesichtet, erzählte Heller von den Anfängen des Projektes. Viele Künstler habe man anschließend nach Mannheim eingeladen, wo eine Fabrikshalle in ein "Heerlager der Fantasie" verwandelt und das Programm erarbeitet wurde: "Es gibt keinen Act, der schon so vorhanden war und nur eingebaut wurde."

Künstler aus 15 afrikanischen Ländern sind auf der Bühne, Mitarbeiter kämen aus insgesamt 25 Ländern, hieß es. "Wir sind mit 84 Sattelschleppern hergekommen und verpflegen täglich 250 Leute. Beim Zeitaufbau gab es ein Sprachgewirr wie beim Turmbau zu Babel", erzählte Produzent Matthias Hoffmann, der nach Hellers Angaben "Spitzenbedingungen" geschaffen und "sechs Millionen Euro investiert hat, zu einem Zeitpunkt, als keiner ahnen konnte, ob das ein Megaflop wird, ein mittlerer Erfolg oder ein großer." (APA/red)