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Franz Fischler ist derzeit als Berater für Kroatien und als Vortragsreisender tätig.

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STANDARD: Sie haben eine Stiftung zur ländlichen Entwicklung gegründet. Was soll die Stiftung konkret bewirken, welche Erwartungen haben Sie? Franz Fischler: Wir können nicht mit großen Geldmengen punkten, sondern nur mit Qualität. Und natürlich auch damit, dass im Stiftungsaufsichtsrat Personen mit höchstem internationalen Ansehen vertreten sind, und das könnte auch die Vertrauensbasis stärken, damit Spender – Unternehmen wie Private – sicher sein können, dass ihr Geld gut aufgehoben und investiert wird. Mit den Mitteln sollen Projekte unterstützt werden, die den ländlichen Raum und seine Wirtschaft und die Infrastruktur stärken.

STANDARD: Ab wann wird die Stiftung operativ tätig sein?

Fischler: Der Notariatsakt ist erledigt, der Aufsichtsrat bestellt, und es gibt auch Personen, die vorübergehend die operative Arbeit machen. Mit Hilfe von Profis testen wir jetzt aus, wie groß die Bereitschaft von Unternehmen ist, Geld für die Entwicklung des ländlichen Raumes zu geben und welche Ansprüche da gestellt werden. Und danach müssen wir dann auch noch unser Profil schärfen. Die Projektideen sollen von den Betroffenen im ländlichen Raum selbst kommen. Da wir nicht alles verwirklichen können, benötigen wir auch Selektionsmechanismen, die noch zu erarbeiten sind.

STANDARD: Warum ist aus Ihrer Sicht der ländliche Raum so unterstützenswert?

Fischler: Der Punkt ist, dass es für Entwicklungsarbeit, Umweltanliegen, karitative Ziele viele Stiftungen gibt, aber für die ländliche Entwicklung gibt es nichts. Wir füllen hier eine Lücke. Darüber hinaus: Die Urbanisierung ist die versteckte Schwester der Globalisierung. Was logisch ist, denn die Standortvorteile sind in den urbanen Zonen größer als am Land draußen. Das heißt, das die fortschreitende Globalisierung den Zuzug in die großen Städte fördert und die ländlichen Gebiete immer leerer werden. Besonders krass ist das in den Entwicklungsländern. Wir haben natürlich nicht die Illusion, das umdrehen zu können. Was man aber machen kann, ist, dass in dünner besiedelten Gebieten der EU auch entsprechende Lebensqualität geboten werden kann – beispielsweise die Vernetzung im IT-Bereich.

STANDARD: Der ÖVP haben Sie vorgeworfen, zu wenig urban zu sein.

Fischler: Das ist richtig. Hat aber eher nichts mit der Stiftung zu tun.

STANDARD: Wie beurteilen Sie die Nicht-Koalitionsverhandlungen?

Fischler: Tendenziell ist es so, dass für Außenstehende wie mich keine Annäherung bemerkbar ist und es unwahrscheinlich ist, dass noch eine große Koalition zustande kommt. Aber das wird sich ja im Laufe dieser Woche entscheiden.

STANDARD: Sind Sie für eine große Koalition?

Fischler: Die ÖVP muss sich im Klaren sein, dass eine große Koalition um jeden Preis, in der die ÖVP der Juniorpartner ist, nicht das Ziel sein kann. Ziel muss sein, dass die ÖVP Mittel und Wege findet, dass sie wieder Mehrheiten findet. Ob das leichter in einer großen Koalition oder in der Opposition gelingt, ist Spekulation. Es gibt nur die negative Erfahrung, dass die letzte große Koalition der ÖVP viele Stimmen gekostet hat. Das ist auch der Grund, warum immer mehr Leute in der ÖVP warnen, erneut in eine große Koalition zu gehen. Abgesehen davon ist es so, dass man aus der Sprache, die derzeit von SPÖ und ÖVP verwendet wird, nicht schlau wird, was die beiden wollen.

ZUR PERSON: ÖVP-Mitglied Franz Fischler (60) war von 1989 bis 1994 Agrarminister und und von 1995 bis 2004 EU-Landwirtschaftskommissar. Derzeit ist er als Berater für Kroatien und als Vortragsreisender tätig. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.11.2006)