Wien - So gut wie keine Chancen geben Verfassungsrechtler der KPÖ bei ihrer Anfechtung der Vier-Prozent-Hürde bei der Nationalratswahl. Die Zulässigkeit einer Prozenthürde sei durch die Judikatur des Gerichtshofes längst geklärt, betonte Theo Öhlinger am Donnerstag. Man könne "mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass diese Anfechtung nicht erfolgreich ist", sagte Bernd-Christian Funk. Heinz Mayer nennt den KPÖ-Antrag "ziemlich aussichtslos".

Der VfGH habe bereits Fünf-Prozent-Hürden - und sogar de facto zehn Prozent durch die Grundmandatsschwelle für den Kärntner Landtag - für zulässig erklärt, betonte Funk. Derartige Modifikationen des Verhältniswahlrechts "gerade zum Zweck, eine Zersplitterung des Nationalrates zu verhindern", seien laut Judikatur verfassungskonform, so Öhlinger. Es gehöre zum Verhältniswahlrecht, dass Splittergruppen aus dem Parlament ausgeschieden werden, meinte Mayer.

"Eilverfahren"

Die Verfassungsrechtler plädieren angesichts der zahlreichen strittigen Fragen in der heurigen Wahlvorbereitung aber dafür, die Wahlordnung zu überarbeiten - und ein "Eilverfahren" zur Klärung solcher Fragen bereits vor der Wahl einzuführen. Denn derzeit können Fragen wie die der Zusammensetung der Bundeswahlbehörde oder des Platzes am Stimmzettel - um die FPÖ und BZÖ gestritten hatten - bzw. der Kandidatur mit verschiedenen Listennamen (im Fall des BZÖ) erst nach der Wahl im Weg der Anfechtung geklärt werden.

Dass dies nun höchstwahrscheinlich nicht der Fall sein wird - Hans-Peter Martin hat eine Anfechtung bereits ausgeschlossen -, bedauert Funk "aus rein akademischer Sicht". Denn aus "rein akademischem Interesse" hätte es ihn schon interessiert, wie der VfGH in diesen "hoch interessanten, sehr spannenden und facettenreichen" Fragestellungen entschieden hätte, die "sicher alles andere als einfach zu lösen sind".

Die heurige Nationalratswahl habe gezeigt, dass das Wahlrecht "in vielerlei Hinsicht notleidend" ist, eine Wahlrechts-Reform wäre also "ganz dringend", sagte Funk. Als einen Vorschlag dafür nennt Öhlinger, dass man bei der Besetzung der Bundeswahlbehörde von der Stärke der Fraktionen im Zeitpunkt der Einleitung der neuen Wahl - und nicht im Ergebnis der vorigen Wahl - ausgehen sollte. (APA)