Hutchison Whampoa, der Mutterkonzern des österreichischen Mobilfunk-Providers Drei, präsentierte am Donnerstag während eines Presse-Events in London, seine Unternehmensstrategie für die kommenden Jahre. Unter der Bezeichnung X-Series startet für Kunden des Betreibers eine Reihe an mobilen Internet Services. Zur Gänze in das System von entsprechenden 3G-Handys integriert, stehen dem Anwender ab 1. Dezember (UK) und ab März 2007 (Österreich) diverse Media- und Kommunikations-Applikationen zur Verfügung. Das Web-basierte Planet 3 bleibt weiterhin als Ergänzung zum neuen Angebot bestehen.

zsolt wilhelm

Tarifmodell-Neu

Hand in Hand mit der Einführung der neuen Produkt-Lancierung wird ein komplett überarbeitetes Tarifmodell Einzug halten. Wurden bisherige Dienste auf Basis von Datentransfers immer nach dem Nutzungsumfang berechnet, sollen künftig abgestufte Pauschalen für Transparenz und Übersichtlichkeit sorgen. Alle Services stehen somit, mit Berücksichtigung der Grundgebühr, kostenlos bereit. "Die Zeit der Rationierungen sei vorbei", meint Group Managing Director Canning Fok. "Der Schritt weg von den Einzelverrechnungen hin zu einheitlichen Preisen wird es Anwendern erlauben, mobiles Breitband zu nutzen, ohne Angst zu haben, einen Rechnungs-Schock zu erleiden", ist sich Group Finance Director Frank Sixt sicher.

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Skype

Für Viel-Telefonierer und international tätige Kunden wurde die populäre VOIP-Software Skype an Board geholt. Damit wird es möglich, von überall auf der Welt zu Skype-Nutzern gratis Verbindung aufzunehmen, egal, ob diese an einen PC gebunden sind oder sich ebenfalls über ein Drei-Gerät einloggen. Der User wählt sich wie gehabt mit seinem Account ein und verbindet sich über die Friends-List mit einem Gesprächspartner. Symbole geben, nach dem Vorbild der PC-Version, Aufschluss über den Verfügbarkeitsstatus des gewünschten Teilnehmers.

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Während einer Präsentation gegenüber dem Webstandard funktionierte der Service und unterstrich die einfache Bedienung des Systems. Die Skype- typischen Aussetzer und Verzögerungen gehören dennoch nicht der Vergangenheit an. "Es klappt und ist gratis", entgegnet Jacob Guedalia, CEO der Firma iskoot, die sich für die Portierung des Applikation verantwortlich zeichnet.

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TV-Stream in Echtzeit

Neben VOIP sorgte der TV-Dienst Sling für Aufsehen. Die Anwendung ermöglicht den Stream von Sendungen über das Handy und bedient sich dabei einer ebenso ausgefallenen wie kostengünstigen Technologie. Damit künftig nicht für jedes Gerät, sei es ein Handy, ein Laptop oder ein PC ein eigener TV-Anbieter bezahlt werden muss, steuert die Software mit Hilfe eines zwischen TV-Quelle (Settop-Box, Reciever, Antenne, etc.) und Fernseher geschalteten Moduls namens Slingbox das Programm über eine Datenverbindung und streamt den gewünschten Kanal.

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Die Slingbox speist wie eine Fernbedienung den Reciever oder die Settop-Box über Infrarot mit Befehlen, die vom Handy oder vom PC aus gesendet werden. Mit-Erfinder Blake Krikorian spricht in diesem Zusammenhang von "Place Shifting" und setzt seine Entwicklung mit der Evolution des Time-Shiftings gleich, welches Videorecorder vor Jahrzehnten in die Branche eingeführt hatten.Voraussetzung hierfür ist immer eine Slingbox samt Internetverbindung und ein Fernseher in Betrieb. Pro Box kann nur eine Person auf einmal auf den Dienst zugreifen.

Im Selbstversuch konnten so über ein Handy von London aus ORF oder ATV geschaut werden, ohne einen fremden Betreiber aufrufen zu müssen. Qualitativ kann sich das Bild mit jenem von analogen Antennen messen, ist aber von der verfügbaren Bandbreite abhängig. Diesbezüglich hat der Ausbau des Funknetzes für Drei-Österreich-CCO Alexandra Reich oberste Priorität, will man dem erhofften Kundenansturm gerecht werden. Unterdessen ist die Sling-Software kostenlos per Download verfügbar und kann auf jedem PC eingesetzt werden. Zusätzlich benötigt man die Box selbst, die momentan noch nicht außerhalb Englands zu erhalten ist. Die Mobiltelefon- Lösung ist Drei-Kunden vorbehalten und wird in einem der höherpreisigen Tarife enthalten sein.

Desktop auf Achse

Im Mittelpunkt steht die Unterhaltung. So auch beim X-Service Orb. Dank der Software können sämtliche auf einem Rechner befindlichen Daten eingelesen und für den Web-Abruf aufbereitet werden. Loggt man sich über das Drei-Telefon mit seinen Zugangskoordinaten ein, kann man alle freigegebenen Bilder, Videos, Texte und Songs auf das Display gestreamt werden. Erinnerungen oder auch aktuelle Dokumente sind auf diese Weise immer griffbereit. Das System auf dem PC hält die Datensammlung automatisch auf dem neuesten Stand. Wer Orb nicht übers Handy verwenden will oder kann, hat die Möglichkeit sich das Paket gratis herunterzuladen, um den Datenstream von PC zu PC einzusetzen.

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Suchmaschinen

Mussten Drei-Kunden bislang auf die meist verwendete Suchmaschine Google verzichten, haben die IT-Riesen nun die komplette Integration der Software in die X-Series angekündigt. Alle Ergebnisse von Anfragen werden nun passgenau auf die Anzeige der 3G-Telefone zugeschnitten. Dadurch wird Übersicht geschaffen – Anpassungs-Probleme der bisherigen Mobil-Lösung von Google sollen nicht mehr aufkommen. Im Laufe der Zeit will man Schritt für Schritt weitere Services der Plattform anbieten.

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Ebenfalls im Rennen um die mobile Vorherrschafft am Suchmaschinen-Sektor ist Yahoo. Wie der Konkurrent, setzt man in seiner Strategie stark auf den Mobil-Markt. "Die Kooperation zwischen Yahoo und Drei ist für beide Unternehmen eine große Gelegenheit", betont Terry Semel, CEO von Yahoo. Der hauseigene Mail-Client, der Foto-Service, der Messenger und diverse weitere Angebote sollen dem Suchmaschinen-Dienst folgen.

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Chat’n buy

Microsoft feierte sein Debut bereits auf Planet 3 und schickt seinen Messenger nun auch auf die X-Series-Plattform. Wie es vom PC gewohnt ist, steht dem raschen und uneingeschränkten Nachrichtenverkehr nichts mehr im Wege. Einzig das gechatte über die Handy-Tastatur dürfte nicht allen Fingerformen entgegenkommen.

Ebay hat die im vergangenen Sommer vorgestellte Mobil-Portierung seiner Auktions-Plattform ebenfalls in das neue Drei-System eingebettet. Vor allem die Gewissheit keine Versteigerung mehr verpassen zu müssen, schien bei der Etablierung des Projekts auf Zuspruch gestoßen zu sein. Erstmals ist das Mit-Steigern von unterwegs auch in Echtzeit möglich.

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Hardware

Der Mobilfunker Drei wird vorerst zwei unterschiedliche Handsets zur X-Series-Lancierung anpreisen. Auf der einen Seite steht Nokia mit dem N73-Multimedia-Handy. Nach eigenen Angaben ist es das erste verfügbare Gerät, dass alle Funktionen des Drei-Angebots nutzen kann. Neben einer 3,2 MP-Kamera stehen MP3, Video und Radio im Mittelpunkt der Features. Kai Öistämö, General Manger von Nokia, glaubt fest an die Konvergenz der Funktionen. Bis heute wurden 11 Millionen Handys der N-Serie an den Mann gebracht. Für 2007 sieht man 250 Millionen solcher Multimedia-Telefone im Umlauf.

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Auf der anderen Seite setzt Sony-Ericsson stark auf den neuen Ableger der Walkman-Reihe, dem W950i. 4 GB an Musik finden auf dem Speicher Platz, Songs können über den integrierten Webshop bezogen werden. Für das Joint-Venture, steht neben der Mobilität die Interkonnektivität der Produkte im Zentrum.

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Kraftlos

Dafür, dass Video-Streaming und diverse andere Breitband-Features angeboten werden, sieht es immer noch trist am Himmel der Akkulaufzeiten aus. Aktuelle Geräte schaffen nicht mehr als zwei Stunden bei durchgehenden Fernsehübertragungen. Laut Drei-Österreich-CEO Berthold Thoma läge es in den Händen der Endgeräte-Hersteller diesen Missstand in Angriff zu nehmen. Diese würden aus Kostengründen auf modernere und sparsamere Chips verzichten und noch immer Technologie zum Einsatz bringen, die auf GSM-Systeme ausgelegt war.

Hutchison-CFO Frank Sixt bestätigt unterdessen die Leistungsschwächen der eingesetzten Akkus,was Videos betrifft. Er glaubt allerdings nicht, dass es realistisch ist, sich einen zwei Stunden andauernden Film über das Handy anzuschauen. Außerdem sei er überrascht, wie wenig Strom Instant-Messaging benötigt.

Preisfrage

De facto konnten bis zum Ende des Events keine Preise festgelegt werden. Die Tarifgestaltung sei laut Berthold Thoma in Arbeit. Mit Sicherheit wird man den Breitbanddienst X-Series deutlich unter den Tarifen gängiger Internet-Pauschalen ansetzen. 5 bis 7 Euro zusätzlich zur normalen Telefonie-Grundgebühr dürften dabei die unterste Grenze bilden. Für den teureren Tarif samt Sling und Orb werde monatlich ein wenig mehr berechnet.

Ausblick

Für Hutchison ist die X-Series der Anfang einer sich weiterentwickelnden Plattform. X-Series 2 und 3 sollen laut dem Konzern folgen und das mobile Breitband-Paket noch um einige Angebote erweitern. Inwieweit die Kundschaft mitzieht, bleibt abzuwarten. Zumindest die Strategie steht fest - Services treten ins Rampenlicht. Der User bezahlt für das Rundherum, der Rest muss gratis sein. (Zsolt Wilhelm aus London)