Wien – Ein Blick auf die aktuellste Statistik des Außenhandels Österreichs mit der Welt zeigt deutlich: Die Geschäfte mit Entwicklungsregionen zeigen immense Zuwachsraten.

Manche Experten halten beispielsweise den nordafrikanischen Raum für das „Osteuropa 2010“ – das soll heißen, dass Ägypten, Marokko oder Algerien bald eine ähnlich bedeutende Rolle in der heimischen Handelsbilanz spielen könnten wie derzeit die mittel- und osteuropäischen Länder, wo das kleine Österreich Top-Direktinvestor und Top-Handelspartner ist.

Mehr Export

Doch zurück zu Afrika: Die Einfuhren aus Nordafrika steigerten sich in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zur Vorjahresperiode im Wert um 181 Prozent, was vor allem mit den gestiegenen Ölpreisen zu tun hat. Aber auch bei den Exporten aus Österreich in die Region ist immerhin ein zweistelliges Wachstum zu verzeichnen: 13 Prozent. Nimmt man die Ausfuhren auf den gesamten Kontinent Afrika her, so betrug die Steigerung mehr als 22 Prozent. Die Bedeutung des Kontinents als Handelspartner ist freilich noch gering: Das Exportvolumen betrug zwischen Jänner und August 2006 gerade 800 Millionen Euro, Österreichs Ausfuhren in die Welt insgesamt hatten einen Wert von 68 Milliarden Euro.

Bruno Freytag, Afrika-Experte in der Außenwirtschaft Österreich, erwartet weiterhin Exportsteigerungen in die Region – „in den Bereich Infrastruktur oder auchZulieferungen an die sich entwickelnde Nahrungsmittelindustrie, also auch vor allem Maschinen.“

Für die dynamische Entwicklung gibt es mehrere Gründe: Einerseits wäre da natürlich der riesige Nachholbedarf etwa bei der Infrastruktur wie Straßen oder Wasserleitungssystemen. Andererseits ist beispielsweise in Afrika noch nicht der Verdrängungswettbewerb wie in China oder Indien zu spüren, wo sich alle Multis bereits tummeln. Nachteile sind in vielen Ländern die nicht vorhandenen oder von Korruption und Nepotismus zerfressenen Verwaltungsstrukturen.

Viele dieser Länder sind bekanntlich reich an Rohstoffen, und Ökonomen werden seit Jahren nicht müde, den „Rohstofffluch“ zu beschreiben: In manchen Ländern, vor allem in jenen mit schwachen Institutionen, entstehen aufgrund des Ressourcenreichtums mächtige Interessengruppen, die angesichts der Weltmarktpreise einfach zu generierende Erlöse aus dem Rohstoffgeschäft durch Subventionen, Zölle oder Monopole abzuschöpfen versuchen. Außerdem bindet die Rohstoffindustrie in Boomzeiten Kapital und Arbeitskräfte an sich, was nach der Boomzeit schwere Schäden an der Entwicklung anrichten kann („holländische Krankheit“). (Leo Szemeliker/DER STANDARD, Printausgabe, 21.11.2006)