Wien - Ein Recht auf Berufsausbildung für Jugendliche verlangt die Arbeiterkammer (AK). Dazu müssten einerseits als Ergänzung zur betrieblichen Lehrausbildung rund 10.000 zusätzliche Plätze in überbetrieblichen Lehrwerkstätten geschaffen werden, in denen eine Ausbildung bis zum Lehrabschluss möglich ist, sowie andererseits eine "Vollzeitberufsschule" für an einer praktischen Ausbildung interessierte Jugendliche eingeführt werden, forderte die stellvertretende Direktorin der AK Wien, Johanna Ettl, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Pflichtschulabschluss

Als "für einen modernen Industriestaat bedrohlich" bezeichnete Ettl den Umstand, dass heute mehr als 17 Prozent der 20-24-Jährigen keine über die Pflichtschule hinaus gehende Ausbildung haben. Diese rund 80.000 Personen würden großteils arbeitslos sein.

Platzmangel an berufsbildenden Schulen

Verantwortlich dafür sind für Ettl unter anderem die mangelnde Berufsorientierung in der AHS-Unterstufe bzw. Hauptschule sowie fehlende Plätze an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS). Jedes Jahr würden sich rund 55.000 bis 56.000 Jugendliche für einen der nur 50.000 Plätze an den ersten Klassen der BMHS bewerben - 5.000 bis 6.000 bleiben dabei auf der Strecke, obwohl sie alle Voraussetzungen erfüllen. Darüber hinaus würden 10.000 der jährlich 50.000 Anfänger bereits im ersten Jahr wieder von der BMHS fliegen - zu einem guten Teil, weil die Lehrer so die zu großen Klassen durch "Hinausprüfen" verkleinern wollen, meinte Ettl.

Lehrstellenlücke wächst

Als Folge dessen entsteht laut AK ein starker Druck auf den Lehrstellenmarkt. Derzeit würden knapp 20.000 Jugendliche eine Lehrstelle in einem Betrieb suchen (inklusive Teilnehmer in kurzfristigen Schulungen bzw. im Auffangnetz), denen allerdings nur rund 3.600 offene Lehrstellen gegenüber stehen. Diese Lücke zwischen Angebot und Nachfrage steige von Jahr zu Jahr, so Ettl.

Verpflichtendes Vorschuljahr

Als weitere Maßnahmen zur Höherqualifizierung fordert die Arbeiterkammer ein verpflichtendes gebührenfreies Vorschuljahr, mehr Förderunterricht an den Schulen, eine gemeinsame Schule statt der "sozial selektiven" Trennung in AHS-Unterstufe und Hauptschule und das kostenlose Nachholen von sämtlichen Abschlüssen bis zur Matura. (APA)