Wien - Der im Mai bei einer Razzia der Wiener Polizei getötete mutmaßliche Drogenhändler Imre B. (35) ist durch ein Geschoss aus der Privatwaffe eines Beamten ums Leben gekommen. Der betreffende Polizist spricht von einer Verwechslung. Nach Auskunft von Dr. Michael Lepuschitz, Präsident der Polizeijuristenvereinigung, handelt es sich um eine Glock 26, die sich von der Dienstwaffe, einer Glock 19, einzig durch den etwas kürzeren Lauf unterscheidet. Der mutmaßliche Dealer war am 20. Mai bei einer Amtshandlung des umstrittenen Sondereinsatz-Kommandos SEK in Penzing erschossen worden. Gegen den Polizisten ist eine gerichtliche Voruntersuchung wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen sowie eine Disziplinaranzeige wegen des Verdachtes auf nicht sorgfältigen Umgang mit der Waffe anhängig. Die Disziplinarkommission muss während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens nicht handeln und wird dessen Ausgang abwarten. Verschluss, Griff und Abzugsvorrichtung der beiden Schusswaffen sind identisch, die private Glock weise keinerlei Auffälligkeiten auf, sagte Lepuschitz. Für die gerichtliche Voruntersuchung sei der Einsatz der Privatwaffe daher "strafrechtlich nicht relevant". Wohl aber werde der angebliche Irrtum im Rahmen eines Disziplinarverfahrens behandelt werden. Polizeijurist: "Ist das vorwerfbar?" Der Polizeijurist: "Man muss sich anschauen: 'Ist das vorwerfbar?" Der Beamte will bei Dienstantritt seine private Glock im Waffenschrank vor die Dienstpistole gehängt und beim Verlassen des Kommissariats irrtümlich wieder eingesteckt haben. Beide Waffen haben nach Angaben Lepuschitz' jedenfalls keinen Sicherungsknopf bzw. Hebel, sondern eine so genannte Züngelsicherung. Zur Schussabgabe muss der Abzug mit einer Zugkraft von 2,5 Kilogramm betätigt werden. Beamte hat mit dem "Finger durchgezogen", "das wird man ihm zum Vorwurf machen müssen" Die Angaben des Beamten, durch das Anschlagen der Autotür des im Chevrolet sitzenden Imre B. gegen seine linke Schulter sei es zu einem "Greifreflex" in der die Waffe führenden rechten Hand gekommen, hält Lepuschitz für "vorstellbar". Allerdings "hat er mit dem Finger durchgezogen, das wird man ihm zum Vorwurf machen müssen". Der betreffende Beamte versieht weiterhin seinen Dienst. Nach dem Todesschuss war ihm angeboten worden, in Urlaub zu gehen. Er hat aber bereits einen Tag später wieder seinen Dienst angetreten. (APA)