RA Dr. Peter Kunz und RA Mag. Wolfgang Friedl sind Partner von Kunz Schima Wallentin. Zu ihren Spezialgebieten gehört auch das Immobilienrecht. Peter Kunz

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Wolfgang Friedl

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In den USA gibt es REIT (Real Estate Investment Trust) bereits seit den Sechzigerjahren. Die erfolgreiche Einführung des REIT in Frankreich im Jahr 2003 hat zu einer intensiven europäischen Diskussion über diese Anlageform geführt. Großbritannien, das traditionell eine Vorreiterrolle am europäischen Immobilien- und Kapitalmarkt hat, plant die Einführung des REIT im Jahr 2007. Deutschland, das einen massiven Kapitalabfluss befürchtet, hat nach intensiver Diskussion am 2. November den Gesetzesentwurf zur Einführung des REIT verabschiedet. Der Beschluss des Bundestages soll noch heuer erfolgen. In Österreich fürchtet sich anscheinend niemand vor einem Kapitalabfluss, und es wird daher auch noch nicht über die Einführung eines REIT diskutiert.

REIT

Bei einem REIT handelt es sich um eine (börsennotierte) Immobiliengesellschaft, die sich mit dem Erwerb, der Bewirtschaftung und der Veräußerung von Immobilien beschäftigt. Der REIT ist von einer direkten Besteuerung ausgenommen. Die Versteuerung der Gewinne erfolgt nur auf Ebene der Gesellschafter. Der börsennotierte REIT gewährleistet nicht nur die freie Handelbarkeit der Anteile, sondern bietet dem einzelnen Anleger auch den vollen Schutz der kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen.

In Österreich werden Anlagemodelle für Immobilien vor allem in der Form von Immobilienfonds oder (börsennotierten) Immobilien-Aktiengesellschaften angeboten. Diese Anlageformen unterscheiden sich erheblich von einem REIT:

Das Besondere an einem an der Börse gehandelten REIT ist, dass

  • der Anleger als Aktionär über ein fungibles Wertpapier verfügt, das an der Börse frei handelbar ist,

  • eine hohe Mindestausschüttung verpflichtend festgelegt ist,

  • durch die Steuerbefreiung des REIT die Besteuerung ausschließlich auf der Ebene des Anlegers erfolgt,

  • der Anleger den vollen Schutz der kapitalmarktrechtlichen Bestimmungen genießt und dass

  • der Anleger direkt am Ergebnis des REIT teilnimmt, was vor allem für institutionelle Anleger von Interesse ist.

Vorbild für Österreich?

Der Gesetzgebungsprozess ist in Deutschland nahezu abgeschlossen. Es wird erwartet, dass der G-REIT noch in diesem Jahr vom deutschen Bundestag beschlossen wird und am 1. 1. 2007 in Kraft tritt. Die wesentlichen Regelungen des G-REIT sind:

  • Der REIT hat die Rechtsform der Aktiengesellschaft (REIT-AG) mit einem Mindestkapital von 15 Millionen Euro zum Erwerb und Verwertung von in- und ausländischen Immobilien.

  • Die REIT-AG notiert an der Börse, der Streubesitz ist dauerhaft vorgeschrieben (mindestens 15 Prozent der Aktien in den Händen von Aktionären, die nicht mehr als 3 Prozent der Aktien halten). Die Höchstbeteiligung pro Aktionär beträgt 10 Prozent.

  • Das Vermögen des REIT muss zumindest 75 Prozent aus unbeweglichen Vermögen bestehen, mindestens 75 Prozent der Brutto-Erträge müssen aus Vermietung, Verpachtung und Veräußerung von unbeweglichem Vermögen erzielt werden. Mindestens 90 Prozent des ausschüttungsfähigen Gewinns müssen ausgeschüttet werden.

  • Der REIT darf keinen Immobilienhandel betreiben, und die Aufnahme von Fremdkapital ist mit 60 Prozent des Gesellschaftsvermögens begrenzt.

  • Der Erwerb von Wohnimmobilien durch einen REIT ist nur für nach dem 1. 1. 2007 errichtete Wohnungen zulässig.

Da Gesellschafts- und Steuerrecht in Deutschland mit der österreichischen Rechtslage durchaus vergleichbar sind, könnten die Bestimmungen des G-REIT über weite Strecken Vorbildfunktion für den A-REIT haben.

Bereits in den letzten Jahren hat sich auch in Österreich die Tendenz verstärkt, dass österreichische Unternehmen ihr Immobilienvermögen verwerten, um die in den Immobilien gebundenen stillen Reserven zu lukrieren und das dadurch frei werdende Kapital in das Kerngeschäft zu investieren. Soweit die in Deutschland im Zuge der Vorbereitung des G-REIT erhobenen Zahlen, der Eigenbesitzanteil von Unternehmen an Immobilien liege bei ca. 73 Prozent (in den USA liegt dieser Wert bei ca. 25 Prozent), auf österreichische Verhältnisse übertragen lassen, liegt hier ein nicht zu unterschätzendes Potenzial für den A-REIT.

Darüber hinaus sind österreichische Immobiliengesellschaften in den Staaten Mittel- und Osteuropas überaus erfolgreich tätig. Die Einführung des A-REIT würde für diese Gesellschaften ein völlig neues Finanzierungsinstrument eröffnen.

Und schließlich kann der REIT weitere Impulse für den österreichischen Kapitalmarkt und die Kapitalisierung der Wiener Börse bringen, indem ein attraktives Anlageinstrument geschaffen wird.

Pragmatischer Zugang

An die Frage, ob wir in Österreich einen REIT brauchen oder nicht, sollte man sehr pragmatisch herangehen. Bei entsprechender Ausgestaltung sollte ein REIT weder ein besseres noch ein schlechteres Immobilienanlagemodell sein als die bereits bestehenden, aber eben ein anderes. Der Markt und vor allem institutionelle Anleger scheinen an diesem neuen Modell großes Interesse zu haben. Da es keine Gründe gegen einen (vernünftig gestalteten) REIT gibt, sollte man sich an Deutschland ein Vorbild nehmen und dem Markt in Österreich rasch einen REIT zur Verfügung zu stellen. Wir stehen auch Gesellschaftsformen und Anlagemodelle betreffend in einer globalisierten Wirtschaft in einem Konkurrenzkampf mit allen anderen Staaten. (Von Peter Kunz und Wolfgang Friedl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.11.2006)