"'Es bleibt also', sagte Graf Leinsdorf,

'vorderhand bei den vier Punkten: Friedenskaiser, europäischer Markstein, wahres Österreich und Besitz und Bildung. Danach müssen Sie das Rundschreiben abfassen.'"
Der Graf aus Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften", wahrer Erfinder der "Parallelaktion" zur Feier des 70-jährigen Thronjubiläums Kaiser Franz Josephs, flüsterte wohl auch noch dem scheidenden Team von Generaldirektorin Monika Lindner letzte, wahre Österreich-Werte zu.

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Der 90. Todestag ist als Anlass nicht zu lächerlich,

um im ORF eine neue, zeitlich verschobene Parallelaktion zu starten: Ausgerechnet ein breit angelegter Monarchie-Schwerpunkt mit Spielfilmen, Dokus und Diskussion soll die Amtszeit des künftigen, konsensorientierten ORF-Regenten Alexander Wrabetz einläuten. Er findet das Ganze "richtungsweisend". Viribus unitis.

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"Mir bleibt nichts erspart",

würde der Kaiser sagen und hat noch Glück, denn man widmet sich vornehmlich der wiederauferstandenen Frau Gemahlin als überstrahlender Ikone, die nicht zufällig der Vormoderne entspringt.

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Sisi, mit Romy Schneiders Starhilfe

Symbol für ignorantes Wiederanknüpfen an ein vermeintlich wahres Österreich vor den Traumata des 20. Jahrhunderts, entpuppte sich als dankbare Projektionsfigur nachmoderner Befindlichkeiten von Magersucht über Depression bis Reisewahn.

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Touristengeld spendende Volksheilige, Diotima, Madonna

und doch immer ein bisschen Franzls Fernsehbraut, deren Seinszustände Scharen von Exegeten profitabel umschwärmen. Sabotage am Schwerpunkt, ihm die geschichtsklitternden Verdrängungsfilme umzuhängen.

Foto: ORF/Thomas Ramstorfer

Grundsätzlich erfreulich aber das neue Bemühen um History-Dokus.

Erfreulich auch der Versuch, den espritfreien Absolutisten hinter dem Sissifilmfranzl und dem Backenbartreichsvater zu zeigen. Viele Themen, die keine Quoten-Sisi als Triebfeder haben, warten noch.
Die Hoffnung auf Besserung ist also noch nicht ganz verloren. (pum/DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2006)

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