RZB-Chef Walter Rothensteiner hätte gern den Bawag Geschäftsbereich "Zahlungsverkehr des Bundes".

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Wien - Der Chef der Raiffeisen Zentralbank (RZB), Walter Rothensteiner, setzt im Zusammenhang mit dem Banken-Untersuchungsausschuss des Parlaments, der die Branche auf die Barrikaden und die Koalitionsgespräche fast zum Platzen gebracht hätte, auf Deeskalation. Die "ersten Geburtswehen" des Ausschusses seien jetzt "abgeflaut", sagt der RZB-Chef im Gespräch mit dem Standard. Das Bankgeheimnis sehe er "nicht gefährdet, dass es auch für den Ausschuss gilt, ist eine No-na-Frage". Ob die Bankkunden besorgt reagierten? Rothensteiner: "Überhaupt nicht."

Allerdings frage er sich schon, "ob es taktisch sehr klug ist, ausgerechnet in der letzten Woche des Verkaufs der Bawag einen Bawag-Ausschuss zu starten. Man hätte doch auch den Gerichtsprozess abwarten können, um die Dinge, die dann noch offen sind, politisch abzuklären."

Wer die Bawag nimmt

Im Zusammenhang mit dem Bawag-Verkauf wiederholte der Banker, dessen Institut sich für die Gewerkschaftsbank interessiert hatte, eine "Gesamtübernahme durch Raiffeisen jedenfalls ein kartellrechtliches Thema" geworden wäre. Froh sei er aber, wenn die Bawag wirklich "um die kolportierten Preise verkauft wird" (gerüchtehalber werden bis zu 2,7 Mrd. Euro geboten). Denn "wir brauchen nichts so wenig wie das Schlagendwerden der Staatshaftung oder die Insolvenz des Gewerkschaftsbundes". Man müsse "dankbar sein, wenn die Bawag irgendeiner nimmt, und man muss ja nicht jeden Fonds als Heuschrecken einordnen".

Diese Klassifizierung, hinter welcher der Vorwurf des Zerschlagens von Unternehmen und das schnelle Profitmachen steckt, halte er "für einen großen Blödsinn: Vor fünf Jahren nannte man solche Fonds erfolgreiche Private-Equity-Fonds, seit Franz Müntefering heißen dieselben Unternehmen Heuschrecken".

Nicht abgeschminkt

Völlig abgeschminkt hat sich die RZB die Bawag aber nicht, vor allem was das Zahlungsverkehrsgeschäft mit der Republik betrifft. "Geht die Bawag ins Ausland, dann wird die Diskussion aufkommen, warum die Republik alle ihre Gelder über eine Bank fließen lässt, die keine österreichischen Eigentümer hat", glaubt der RZB-Chef. Letztlich sei das die Entscheidung der Republik, "und wenn die mit der Situation glücklich wäre, könnte ich das nur beweinen".

Mit supersanften Samthandschuhen greift Rothensteiner die (von den Bankern bis dato immer wieder kritisierte und vor den U-Auschuss zitierte) Finanzmarktaufsicht FMA an. Er sieht "keinen groben Änderungsbedarf", auch einer (von der SPÖ und so manchem Notenbanker angestrebten) Einbindung in die Notenbank kann er nichts abgewinnen. Mehr noch, der Banker tritt für die "höhere Entlohnung der FMA-Mitarbeiter ein: Man kann nicht verlangen, dass diese Leute besser oder gleich gut sind wie unser Banker, aber um ein Viertel von deren Gage arbeiten."

Staatskommissäre abschaffen

Den Widerspruch, dass die Banken schon jetzt beklagen, dass sie die FMA großteils finanzieren müssen, löst Rothensteiner so auf: "Der Staat soll überlegen, seinen Beitrag zu erhöhen. Er könnte die Staatskommissäre, die überflüssig sind, abschaffen und das Geld, das sich die Banken so ersparen, für die FMA umwidmen."

Unwirsch reagiert Rothensteiner auf die Debatte um die Treuhandschaft der Raiffeisen Investment AG für die Energiefirma Rosukrenergo. Der russische Energieexperte Wladimir Milow hat im Standard Zweifel daran angemeldet, dass "die (von Raiffeisen, Anm.) Genannten die Letztbegünstigten sind", er schlösse Verwicklungen "in die organisierte Kriminalität" nicht aus. Rothensteiner schon; sein Vergleich auf die Frage, ob man zweifelhafte Hintermänner wirklich ausschließen könne: "15 Jahre haben wir alle mit Helmut Elsner gearbeitet, und alle ausgeschlossen, dass solche Dinge dort laufen. Gaunereien kann es immer geben." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.11.2006)