Für Libro bringt das Weihnachtsgeschäft heuer nicht nur Geschenke. Die Kette darf günstigere Bücher nicht mehr bewerben.

Zur Person
Der Industrielle Josef Taus kaufte Libro 2003 aus der Konkursmasse. Heute führen Schwiegersohn Martin Waldhäusl und Werner Weber das Geschäft der MTH-Gruppe rund um Libro und Pagro.

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Libro-Chef Waldhäusl: "Ein offener Sonntag bringt höhere Umsätze."

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Geschäftsführer Weber: "Die Preisbindung nimmt auf Ketten keine Rücksicht."

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STANDARD: Libro hat eine Klage der Wirtschaftskammer am Hals. Sie wirft Ihnen vor, für vergünstigte Bücher zu werben und hat mitten im Weihnachtsgeschäft eine einstweilige Verfügung erwirkt. Tut das weh?

Waldhäusl: Es ist fürs Geschäft nicht gerade zuträglich, vor uns liegt eine wichtige Saison. Wie stark es uns trifft, kann ich erst nach Weihnachten sagen.

STANDARD: Ein Rabatt bis zu fünf Prozent ist erlaubt, er darf aber nicht beworben werden.

Weber: Die Buchpreisbindung nimmt keine Rücksicht auf die Bedürfnisse von Ketten. In Filialbetrieben lassen sich keine Einzelgespräche über Rabatte führen. Der Buchmarkt boomt nicht, er tut sich sicher keinen Gefallen, wenn er sich preislich ungeschickt positioniert. Und: Auch das Kulturgut Musik funktioniert ohne gesetzliche Schutzmechanismen.

STANDARD: Das Hauptverfahren beginnt erst. Werden Sie an der Buchpreisbindung rütteln?

Waldhäusl: Nein. Wir stellen die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht in Frage und halten uns daran. Es geht um Probleme in der Anwendung.

STANDARD: Sind Österreichs gesetzlich geregelten Buchpreise in der EU auf Dauer zu halten?

Waldhäusl: Fraglich ist, ob sich die Preisbindung mit dem freien Warenverkehr verträgt. Ich glaube, sie wird in dieser Form mittel- bis langfristig fallen.

STANDARD: Sie haben Libro vor rund vier Jahren aus der Konkursmasse gekauft. Wie gesund ist das Unternehmen heute?

Waldhäusl: Wir setzen heuer über 240 Millionen Euro um. Bei unserem Einstieg waren es 205 Millionen. Unsere Margen liegen über jenen vergleichbarer Handelsunternehmen.

STANDARD: Ist die Expansion bei 223 Standorten ausgereizt?

Waldhäusl: Im Jahr 2000 waren es 260. Das ist zu hoch. 240 wäre eine vernünftige Größe.

STANDARD: Konkurrent Thalia mischt den Markt massiv auf. Macht das Angst?

Waldhäusl: Die sind wirklich sehr gut. So was kennt man sonst nur aus England und den USA. Doch eine Thalia-Filiale muss man erst suchen. Wir sind näher beim Kunden.

STANDARD: Aber auch Online-Riesen wie Amazon holen sich ein saftiges Stück vom Markt. Weber: Der Online-Verkauf wächst, aber bei weitem nicht so stark wie prophezeit.

STANDARD: Nimmt das Verramschen von Büchern überhand?

Waldhäusl: Das Verramschen hat es immer gegeben, keiner kann darauf verzichten. Aber der Verkauf von Mängelexemplaren hat nicht zugenommen. STANDARD: Filialisten verdrängen die kleinen Buchhändler.

Weber: Es gibt noch viele erfolgreiche kleine Schreibwarenhändler. Sie verkaufen etwa Mont Blanc-Kugelschreiber um 300 Euro. Auch für innovative Buchhändler gibt es gute Möglichkeiten. Klar, die Filialisten wachsen stärker.

STANDARD: Im Handel hat sich ein Gehalts-Konflikt entzündet. Rechnen Sie mit einer Lösung?

Waldhäusl: Die Vergangenheit zeigt, dass es noch immer zu einer Einigung kam. Beide Seiten geben nach, Österreich hat da eine unglaubliche Tradition und Geschicklichkeit.

STANDARD: Die Gewerkschaft warnt vor stark wachsendem Anteil an Teilzeitbeschäftigung im Handel. Wie steht’s bei Libro mit Vollzeitjobs?

Waldhäusl: Wir brauchen Flexibilität. Das geht über den Einsatz von Teilzeitkräften. Viele, vor allem Frauen, wählen bewusst dieses Modell.

STANDARD: Andere sehen die Teilzeitarbeit als Sackgasse.

Waldhäusl: Das kann ich nicht bestätigen. Teilzeit bringt, absolut gesehen, mehr Arbeitsplätze. Allein wir haben mit Libro seit 2003 mehr als 200 zusätzliche Jobs geschaffen.

STANDARD: Reizt es Sie, auch am Sonntag aufzusperren? Waldhäusl: Einkaufen ist eine Freizeitbeschäftigung, und ein offener Sonntag bringt höhere Umsätze. Es gehört dabei jedoch gewährleistet, dass die Leute freiwillig arbeiten. Wir brauchen hier eine Politik der kleinen Schritte.

STANDARD: Setzt ihre Gruppe den Schritt ins Ausland?

Waldhäusl: Am liebsten ist uns eine Akquisition, das geht rascher. Wir haben Kraft dafür und halten die Augen offen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.11.2006)