Dresden/Berlin – "Das ist ein lange vernachlässigtes und brandaktuelles Thema, das wir leider in den letzten 20 bis 30 Jahren in Deutschland nicht hinbekommen haben", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel über den so genannten Investivlohn. Doch nun will sie sich für mehr Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer stark machen, um ihnen "einen fairen Anteil" am Volkseinkommen zu gewähren. Den entsprechenden Antrag mit dem Titel "Soziale Kapitalpartnerschaft" hat der Parteitag in Dresden am Dienstag verabschiedet.

"Gewinne und Kapitaleinkommen sind in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als Arbeitseinkommen", heißt es darin, und zu diesem Schluss kommt auch die SPD. Deren Vorsitzender, Kurt Beck, ist ebenfalls für mehr Teilhabe der Angestellten an Firmengewinnen. Bei einer Beteiligung am Unternehmensgewinn bekommen Mitarbeiter zusätzlich zum Gehalt eine erfolgsabhängige finanzielle Zuwendung – etwa durch Gewinnabschöpfung. Eine andere Möglichkeit ist die Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Die Arbeitnehmer verzichten auf einen Teil der Lohnerhöhung und werden dafür am Unternehmen beteiligt – durch GmbH-Anteile, Belegschaftsaktien oder KG- und Genossenschaftsanteile.

Der CDU-Antrag sieht vor, Kapitalbeteiligungen erst dann mit Steuern oder Abgaben zu belegen, wenn sie ausbezahlt oder verkauft werden. Diese nachgelagerte Besteuerung soll auch greifen, wenn jemand seine Beteiligung in eine betriebliche Altersvorsorge umwandelt. In Großbritannien beteiligen 30 Prozent der Firmen ihre Mitarbeiter, in den Niederlanden 22 Prozent, in Frankreich 20 Prozent. Laut Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liegt Deutschland europaweit mit zehn Prozent nur im Mittelfeld. Befürworter der Mitarbeiter-Beteiligung argumentieren, man könne Mitarbeiter dadurch besser motivieren, auch steige das Eigenkapital eines Unternehmens.

Zwar unterstützt die Gewerkschaft Investivlöhne, aber sie warnt auch vor Risiken, die gesetzlich abgefedert werden müssen, etwa Unternehmenspleiten. Da müsse man Arbeitnehmer durch Bürgschaften schützen. (bau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2006)