An all jene, die noch immer nicht verstanden haben, oder nicht verstehen wollen, worum es beim so genannten "Tempo 160" wirklich geht:

Beim Pilotprojekt "Flexibilisierte Tempolimits" auf einem zwölf km langen Teilstück der A10 Tauernautobahn, das von Experten der Asfinag übrigens als "besonders geeignet" ausgewählt wurde, geht es nicht um die generelle Anhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 160 km/h, sondern um die Implementierung eines hochmodernen Verkehrstelematiksystems, das computergesteuert das jeweils optimale, den Wetter- und Verkehrsverhältnissen angepasste Tempolimit ermittelt, in sekundenschnelle über elektronische Überkopfanzeigen flexibel anzeigt und dessen Einhaltung lückenlos per Section Control überwacht.

Das heißt: Bei hohem Verkehrsaufkommen, schlechtem Straßenzustand und ungünstigen Wetter- und Witterungsverhältnissen wird das zulässige Geschwindigkeitslimit gesenkt. Bei geringem Verkehrsaufkommen, besten Fahrbahnbedingungen und ausgezeichneten Wetterverhältnissen kann ein höheres Geschwindigkeitslimit ohne negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit zugelassen werden. Die Befürchtungen mancher Oppositions- und Lokalpolitiker, man könne den Test doch nicht in der "Jahreszeit, wo Nebel und Schnee vorherrschen" fortsetzen, ist demnach absurd, weil genau jene genannten Wetterverhältnisse eine Tempolimitreduktion auf 100 oder weniger km/h bewirken werden.

Das führt auch zu einer höheren Akzeptanz der Tempobeschränkungen. Die Lenker wissen: "Es gibt einen bestimmten verkehrssicherheitsrelevanten Grund, warum ich jetzt nur 100 oder 80 fahren darf, also halte ich mich daran." Umgekehrt: Ist die Fahrbahn verschneit und die Sicht z.B. durch Nebel oder Schneefall stark eingeschränkt, dürfen Lenker, die angesichts dieser Verhältnisse mit 100 km/h unterwegs sind, mit Fug und Recht als "Raser" bezeichnet werden. Diese werden im neuen System erfasst und bestraft, nach dem alten nicht.

Homogenere Ströme

Der Leiter des Instituts für ganzheitliche Unfall- und Sicherheitsforschung, Univ. Prof. DI Dr. Ernst Pfleger, kommt in seinem verkehrssicherheitstechnischen Gutachten unmissverständlich zum Schluss, dass "aufgrund des wissenschaftlich analysierten Datenmaterials aus verkehrssicherheitstechnischer Sicht bei besten äußeren Bedingungen und geringem Verkehrsaufkommen eine höhere Geschwindigkeit als 130 km/h - im gegebenen Fall eben bis 160 km/h - ohne grundsätzliche Gefahrenerhöhung zugelassen werden kann. Bei hohen Verkehrsstärken bzw. bei schlechter Witterung wurden auch geringere Fahrgeschwindigkeiten als 130 km/h angezeigt, wodurch insgesamt die Verkehrsströme homogener waren und so die Verkehrssicherheit verbessert wurde".

Dem umwelttechnischen Gutachten ist zu entnehmen, dass anstatt der von vielen Kritikern prognostizierten negativen umweltrelevanten Einflüsse die Flexibilisierung der Geschwindigkeiten sowohl Reduktionen der Lärm- als auch der Schallemissionen bringt. "Die Einrichtung der Teststrecke seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie hat sich generell bewährt", so ein O-Ton aus dem Endbericht.

Es muss endlich zur Kenntnis genommen werden: Dieses System homogenisiert den Verkehr und trägt dazu bei, Staus zu vermeiden und Auffahrunfälle zu verhindern, denn: Passiert ein Unfall, wird das vom System erfasst, die Höchstgeschwindigkeit sofort reduziert und nachfolgende Fahrzeuge werden umgehend gewarnt.

Es ist also keine "Wahnsinns-Idee" von Verkehrsminister Hubert Gorbach, wie manche glauben machen wollen, sondern der Testbetrieb einer durchdachten und modernen Technologie zur effizienten Bewältigung des Straßenverkehrs und im Dienste der Verkehrssicherheit. (Martin Standl, DER STANDARD - Printausgabe, 29. November 2006)