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Britische Polizisten vor einem Büro Boris Beresowskis im Zentrum Londons, in dem Polonium-Spuren gefunden wurden.

AP Photo/Alastair Grant
London/Moskau - Unter den inzwischen sieben Orten in London, an denen Scotland Yard nach eigenen Angaben Spuren der radioaktiven Substanz Polonium 210 entdeckt hat, befindet sich auch ein Büro des im britischen Exil lebenden russischen Milliardärs und Kreml-Kritikers Boris Beresowski. Aus dessen Umgebung verlautete am Dienstag, Beresowski fürchte nun ebenfalls um sein Leben.

Litwinenkos Sprecher Alexander Goldfarb bestätigte, dass es sich um Beresowskis Büro handle. Die Büroräume im Zentrum Londons, wo Polonium-Spuren im vierten Stock eines Gebäudes gefunden wurden, blieben versiegelt. Litwinenko ging dort angeblich regelmäßig aus und ein. Beresowski hatte Litwinenko mehrmals im Spital besucht.

Spuren von Polonium 210 fand die Polizei auch in Litwinenkos Wohnung sowie in einer Sicherheitsfirma im Londoner Stadtteil Mayfair. Die Ermittler hatten Polonium-Spuren schon in einem Hotel und in einer Sushi-Bar gefunden, in denen Litwinenko am Tag seiner mutmaßlichen Vergiftung, dem 1. November, gewesen war. Die Sicherheitsfirma Erinys in der Grosvenor Street wandte sich nach eigenen Angaben selber an die Polizei. Litwinenko habe Erinys in einer Angelegenheit aufgesucht, die keinerlei Bezug zu den Ermittlungen habe, hieß es in einer Stellungnahme der Firma. Zuvor hatte die britische Gesundheitsbehörde alle Menschen aufgerufen, sich zu melden, die sich an Orten aufgehalten hatten, an denen Litwinenko am 1. November war. Das Risiko einer Verseuchung sei aber minimal.

Der italienische Geheimdienstexperte Mario Scaramella, der Litwinenko am 1. November in der Sushi-Bar getroffen hatte, hielt sich nach Informationen der Fernsehsender Sky News und BBC News 24 am Dienstag in London für medizinische Tests auf. Erste Tests von Scaramella in Rom waren laut Medienberichten ohne Befund geblieben.

"Schmutzige Bombe"

Unterdessen sagte ein russischer Wissenschafter, Polonium 210 sei derart aktiv, flüchtig und giftig, dass bei der Anwendung an den genannten Orten Dutzende Menschen in der Umgebung eine tödliche Dosierung abbekommen hätten. Wie der Atombombenexperte und Reserveoffizier Maxim Schingarkin dem neuen Wirtschaftsblatt RBK daily erklärte, müsse Litwinenko seine tödliche Dosis in einem zuverlässig isolierten Raum abgekriegt haben. Laut Schingarkin ist wenig bekannt, dass Polonium 210, das normalerweise in Industrie und Raumfahrt angewendet werde, auch ein nahezu idealer Bestandteil für "schmutzige Bomben" und daher für Terroranschläge etwa in U-Bahnen zu verwenden sei. (AFP, dpa, sed/DER STANDARD, Printausgabe, 29.11.2006)