Auszug aus dem geheimen Protokoll der Sitzung am 3. Mai 2006 in Wien. PRES steht für Presidency (in dem Fall Österreich). COM steht für Commission (EU-Kommission).

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Draken des österreichischen Bundesheeres eskordierten im Jahr 2003 CIA-Geheimflüge über Österreich.

Foto: APA/ BUNDESHEER
Die österreichische Bundesregierung wollte im Mai dieses Jahres mit den USA zu einer Einigung über die umstrittenen CIA-Flüge kommen. Dies geht aus einem vertraulichen Sitzungsprotokolls (Cojurcontra Troika), das dem STANDARD vorliegt, hervor. Am 3. Mai verhandelte der österreichische Vorsitz mit dem höchsten Rechtsberater des US-Außenministeriums, John Bellinger, über die Ausarbeitung eines "Rahmenabkommens zu Überstellungen". An der Sitzung in Wien haben neben Vertretern der österreichischen Regierung auch der für die EU-Außenpolitik zuständige Generalsekretär Javier Solana, EU-Terrorismuskoordinator Gijs de Vries und ein Vertreter der finnischen Regierung teilgenommen.

Mit dem von Österreich vorgeschlagenen Abkommen sollten geheime Auslieferungen von Terrorverdächtigen auch ohne die Menschenrechtsgarantien bilateraler Auslieferungsabkommen ermöglicht werden. Die Praxis der "Überstellungen" steht in Widerspruch zum Artikel 6 des EU-Vertrages und zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Das EU-Parlament untersuchte in den vergangenen Monaten Vorwürfe, wonach der US-Geheimdienst CIA in den Mitgliedstaaten der EU Personen rechtswidrig festgehalten und in Drittländer überstellt haben soll.

"Es sieht danach aus, dass der österreichische Vorsitz der illegalen Praxis der Überstellung von Terrorverdächtigen einen legalen Anstrich verleihen wollte", sagt das niederländische Mitglied des CIA-Ausschusses, die Europaabgeordnete Kathalijne Buitenweg.

Zum Zeitpunkt der Verhandlungen im Mai dieses Jahres hatte es zwischen der EU und den USA heftige Kontroversen über angebliche, vom CIA geführte Lager in Rumänien und Polen gegeben. Bellinger hatte sich auf der Sitzung in Wien über die "zunehmend hysterischen Debatten in Europa" beklagt. Bellinger sprach weiters von der Gefahr, dass die Untersuchungen von Europarat und Europäischem Parlament die Zusammenarbeit zwischen den USA und der EU behindern könnten.

Sicherheitsklauseln

Der österreichische Vorsitz wollte von seinem amerikanischen Verhandlungspartner "angemessene Sicherheitsklauseln" für die menschenrechtskonforme Behandlung der Inhaftierten verlangen: "Die Überstellungen sollten so weit wie möglich der Auslieferungspraxis entsprechen, aber es sei nicht immer möglich, den Abschluss von Auslieferungsabkommen abzuwarten", heißt es im Sitzungsprotokoll. Buitenweg kritisiert, dass der österreichische Vorsitz sich mit "diplomatischen Garantien" zufrieden geben wollte, dass die Inhaftierten nicht gefoltert werden würden. US-Verhandler Bellinger hat, soweit aus dem Protokoll ersichtlich, die von Österreich geforderten Garantien, nicht zugesagt. "Die USA müssten darüber nachdenken."

Bellinger hatte in Wien die Position seiner Regierung wiederholt, wonach Washington bei geplanten Überstellungen die Zustimmung der betroffenen Regierung einhole. Gelingt dies nicht, so Bellinger, werde eben ohne diese Zustimmung überstellt. Die USA seien rechtlich nicht verpflichtet, von der Überstellung in Länder abzusehen, in denen die Gefangenen unmenschlicher Behandlung unterworfen wären. Aus dem vertraulichen Sitzungsprotokoll geht weiters hervor, dass der Vertreter der finnischen Regierung "vorsichtigem Vorgehen" geraten hatte. Der österreichische Vorsitz hatte seinem amerikanischen Partner weitergehende Verhandlungen zugesagt. (Barbara Hoheneder aus Den Haag, DER STANDARD, Print, 30.11.2006)