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"Homecoming Ceremony" in Fort Hood, Texas: Die Baker-Kommission macht sich entgegen den Plänen von Präsident Bush für einen US-Truppenabzug aus dem Irak stark. Das Pentagon entsendet unterdessen weitere Soldaten.

foto: reuters/JESSICA RINALDI
Washington/Bagdad - Ein Expertenausschuss des US-Kongresses zur Irak-Politik hat den schrittweisen Abzug der amerikanischen Kampfeinheiten aus dem Zweistromland vorgeschlagen. Dies berichtete die "New York Times" am späten Mittwochabend (Internetausgabe). Die Kommission unter Leitung von Ex- Außenminister James Baker werde aber keinen Zeitplan aufstellen, heißt es unter Berufung auf Kommissionsmitglieder. Offiziell soll der Bericht am kommenden Mittwoch präsentiert werden.

Beginn kommendes Jahr

Der Abzug solle bereits kommendes Jahr beginnen. Von der Nennung eines Zeitplans habe man abgesehen, weil dies die Aufständischen im Irak zur vermehrten Aktivitäten ermuntern könnte, schreibt die Zeitung. Konkret sollen 15 US-Brigaden mit einer Truppenstärke zwischen 45.000 und 75.000 Mann abgezogen werden. Unklar sei noch, ob sie in die USA zurückkehren oder in Militärbasen im Irak oder der Region stationiert werden sollen. Derzeit sind rund 150.000 US-Soldaten im Irak, darunter Spezialeinheiten und Ausbildner. "Jenen, die einen sofortigen Abzug wollen, wird das nicht gefallen. Aber (der Vorschlag) unterscheidet sich auch deutlich von der Strategie des Präsidenten", sagte ein Kommissionsmitglied der Zeitung. Statt des jetzigen Kampfauftrags solle die US- Armee künftig nur noch eine "unterstützende Rolle" haben, meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mit der Arbeit der Kommission vertraute Kreise.

Die Kommission schlägt laut "NYT" auch eine neue Nahost-Initiative vor, die direkte Gespräche mit Syrien und dem Iran beinhalte. Die Regierung von US- Präsident George W. Bush solle ihre diplomatischen Bemühungen im Nahost- Konflikt massiv verstärken. Eine internationale Irak-Konferenz möge den Weg zu Verhandlungen mit dem Iran und Syrien ebnen. Bush sträubte sich bisher gegen solche Direktgespräche, ebenso wie er einen Truppenabzug ablehnte.

Empfehlung

Am Mittwochabend hatte die im März eingesetzte Kommission bekannt gegeben, dass sie sich auf ein gemeinsames Papier geeinigt hat. Details wurden aber nicht genannt. Der Expertengruppe gehören jeweils fünf Demokraten und Republikaner an. Für Bush ist der Bericht nicht bindend, sondern nur eine Empfehlung. Zugleich bietet sie ihm eine Gelegenheit, seine offenkundig wenig erfolgreiche Irak- Strategie gesichtswahrend zu ändern.

Treffen mit Maliki

Die Einigung erfolgte am Vorabend eines mit Spannung erwarteten Treffens von US-Präsident George W. Bush mit dem irakischen Präsidenten Nuri al-Maliki. Sie sollen am Donnerstag in Amman über die Lage im Irak beraten. Maliki selbst sorgte für einen Eklat, indem er am Mittwochabend nicht zu einem geplanten Dreier-Treffen mit Bush und dem jordanischen König Abdullah II. kam. Grund dafür soll ein kritisches Papier von US-Sicherheitsberater Stephen Hadley gewesen sein, in dem Malikis Fähigkeiten zur Eindämmung der Gewalt im Irak bezweifelt worden seien. Sechs irakische Minister und 30 Abgeordnete legten aus Protest gegen das Treffen zwischen Bush und Maliki ihre Arbeit nieder. Es handelt sich um Parteigänger des schiitischen Klerikers Muktada al Sadr, der den Abzug der US-Truppen fordert.

Pentagon will weitere Soldaten entsenden

Das Pentagon gab indessen bekannt, dass es für Anfang nächsten Jahres die Entsendung von vier weiteren Bataillonen in den Irak plane, wie Beamte des Verteidigungsministeriums am Mittwoch mitteilten. Die zusätzlichen Truppen haben dem Vernehmen nach eine Mannschaftsstärke von insgesamt 3.500 Soldaten. Erwogen wird auch die Verlegung von 2.000 Soldaten aus friedlicheren Provinzen in die Hauptstadt Bagdad. Das Pentagon reagiert damit auf die zunehmende Gewalt im Irak, die das Land nach Einschätzung von UNO- Generalsekretär Kofi Annan an den Rand eines Bürgerkriegs gebracht hat. Die südkoreanische Regierung beschloss, ihre 2.300 Soldaten im Irak bis Ende 2007 zur Gänze abzuziehen.

Offener Brief von Ahmadinejad

Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad rief die US-Bevölkerung in einem offenen Brief zum Widerstand gegen den Krieg im Irak auf. Die Militärpräsenz der Vereinigten Staaten habe hunderttausende Iraker das Leben gekostet, schrieb Ahmadinejad in einer am Mittwoch veröffentlichten "Botschaft an das amerikanische Volk". "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie, das amerikanische Volk, den jährlichen Milliardenausgaben aus ihrem Staatsbudget für dieses militärische Abenteuer zustimmen." US-Präsident Bush regiere mit "Zwang, Gewalt und Ungerechtigkeit". US-Außenamtssprecher Tom Casey warf Teheran im Gegenzug die Unterstützung von Terroristen im Irak vor. Er bezeichnete den Brief als "PR-Gag". (APA/dpa/AP/Reuters)