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Foto: AP/ZAk
Grasser schlägt zurück: Er sei immer schon gegen die Eurofighter gewesen, habe sich aber nicht durchgesetzt und die Entscheidung letztlich mitgetragen. Der Vorwurf der Zeugenbeeinflussung sei die „glatte Unwahrheit“, der Brief von EADS aus 2001 samt Preis und Lieferdatum nur eine „nette Präsentation“.

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Wien – Der sowohl durch den Banken- als auch den Eurofighter-U-Ausschuss unter Druck geratene Finanzminister Karl-Heinz Grasser ging am Donnerstag in die Offensive. Grasser berichtete ausführlich von seinem letztlich verlorenen Kampf gegen die Beschaffung von Eurofightern um rund zwei Milliarden Euro.

Die Grünen sprechen von einer „Flucht nach vorne“. Die SPÖ bezeichnete die Aussagen Grassers als „rechtsstaatlich bedenkliche Darbietung“ und forderte eine möglichst rasche Prüfung eines Ausstiegs aus dem Eurofighter-Vertrag durch einen eigenen Sachverständigen. VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka sprach von einem „richtigen Schritt“ Grassers und wetterte gegen „Großinquisitor“ Peter Pilz, der einen „politisch motivierten Kreuzzug“ führe.

Grasser selbst sagte, er sei vor der Typenentscheidung 2002 die längste Zeit überhaupt gegen „Luftraumüberwachungsflugzeuge“ gewesen. Dann sei er für gebrauchte „F-16 Midlife Update“ eingetreten, weil die Ersparnis zu neuen Gripen oder Eurofightern rund eine Milliarde Euro betragen hätte. In Unterlagen aus dem Finanzministerium ist sogar von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro die Rede.

Als aber auf Drängen des damaligen FP-Verteidigungsministers Herbert Scheibner letztlich nur neues Fluggerät in Frage kam, habe man sich in der Bundesregierung „nicht für die billigste, aber die beste Lösung“ – also die Eurofighter – entschieden, rechtfertigte sich Grasser. Der Gripen sei für ein Produkt, das eher am Ende seines Lebenszyklus ist, „überraschend teuer angeboten worden“. Grasser: „Jetzt bin ich nicht mehr gegen die Eurofighter. Ich habe am 2. Juli 2002 meine Linie korrigiert und die Entscheidung mitgetragen. Heute stehe ich zu dieser Entscheidung.“

Interventionen oder Manipulationen habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben, sagte Grasser. Auch die 18 Halbjahresraten zur Bezahlung neuer Kampfjets seien aus budgettechnischen Gründen schon im Jahr 2001 festgelegt worden. Er habe daher nicht wissen können, dass ausgerechnet in dieser Zahlungsvariante die Eurofighter später als Bestbieter bewertet würden.

Zwei Auslöser führten zu diesem bemerkenswerten Auftritt Grassers, in dem er umfangreiches, meist vertrauliches Material präsentierte, um seine Position zu untermauern: Ein Mal ein Brief von EADS vom 27. Juli 2001, in dem rund einen Monat nach einem EADS-Werksbesuch Grassers – mit Magna-Boss Siegfried Wolf in einem Magna-Jet – ein Eurofighter-Angebot gelegt wurde, das dem späteren Kaufabschluss auffällig nahe kommt. Und: Der am Donnerstag erneuerte Vorwurf des U-Ausschussvorsitzenden Peter Pilz (Grüne), wonach Grasser versucht habe, Zeugen zu beeinflussen.

Den EADS-Brief noch vor Ausschreibung der Draken-Nachfolge bezeichnete Grasser als ein Angebot von vielen, die erstaunlich präzisen Angaben zu (späterem) Preis, der Stückzahl und dem Lieferdatum 2007 als eine „nette Präsentation“. Er habe auf den EADS-Brief weder geantwortet, noch Verhandlungen geführt, aber selbstverständlich alle Anbieter getroffen und „alle gleichbehandelt“.

„Absolute Frechheit“

Den Vorwurf der Zeugenbeeinflussung wies Grasser als „glatte Unwahrheit“ und „absolute Frechheit“ zurück. Auslöser dieses Konflikts ist ein E-Mail aus dem Finanzministerium. Darin schreibt ein Abteilungsleiter im Auftrag der stellvertretenden Kabinettchefin, Christine Billinger, an andere Sektionen: „HBM (Herr Bundesminister, Anm.) wünscht zwischen Euch und mir koordinierte, d.h. ausgearbeitete Einleitungsspeakingnotes“ zu den Themen im U-Ausschuss. Grasser sagte, es gehe in der E-Mail um die Koordination der Sektionen „bei der Zusammenstellung von Unterlagen für mich“. Pilz sagte zum Standard, in der E-Mail werde klar die „Weisung für koordinierte Erklärungen der Zeugen“ überbracht.

Das Email hat Budgetsektionschef Gerhard Steger an Pilz weitergeleitet und dafür von Grasser ein Disziplinarverfahren aufgebrummt bekommen. Pilz sagt hingegen, Steger habe das Email nicht geheim, sondern ganz offiziell weitergegeben, um bei ihm als Ausschussvorsitzenden anzufragen, wie er die Situation rechtlich beurteile. Auch der Verfahrensanwalt sei involviert. (Michael Bachner/DER STANDARD; Printausgabe, 1. Dezember 2006)