"Verbote bringen gar nichts, sie machen nur
neugierig." Das sagte der Wiener Spiele-Experte Clemens Schneidhofer
(23) zu der Diskussion über "Killerspiele", die nach dem Amoklauf von
Emsdetten (Deutschland) auch in Österreich geführt wird. "Wer Verbote
von Software fordert, hat außerdem wenig Ahnung von Globalisierung
und E-Commerce. Ein Spiel wie 'Counter-Strike' kaufe ich ja nicht im
Geschäft, ich bekomme es per Internet", sagte der Fachmann zur APA.
Schneidhofer nahm am Donnerstagabend an einer Gesprächsrunde im
Rahmen eines Seminars zu diesem Thema teil.
Seminar
Unter dem durchaus provokant gemeinten Titel "Killen ist gesund?"
organisierte das Wiener Medienzentrum ein zweitägiges Seminar zum
Thema "Gewalt und Computerspiele". Die Veranstaltung im "Area 52"
richtete sich in erster Linie an Pädagogen und Mitarbeiter von
Jugendzentren und sollte Einblicke in die Hintergründe über die
aktuelle Diskussion über mögliche Verbote von "Killergames" geben.
Zur Einstimmung veranstaltete die Austrian Players League (APL) eine
kleine LAN-Party - mit überraschendem Ergebnis: "Selbst erwachsene
Pädagogen konnten sich für das umstrittene Spiel 'Counter-Strike'
begeistern", sagte APL-Obmann-Stellvertreter Schneidhofer, der seit
acht Jahren LAN-Events organisiert. "Manche haben sogar, wie sie
selbst sagten, richtig Blut geleckt ..."
Wichtiger als Verbote sei, so Schneidhofer, "dass sich Eltern
genau ansehen, welche Spiele ihre Kinder spielen. Spiele mit brutalem
Inhalt gehören genau so wenig zur Erziehung wie Gewaltfilme." Einen
Zusammenhang zwischen Gewalt in Computerspielen und aggressiven
Verhalten von Jugendlichen sieht Schneidhofer ohnehin nicht: "Wir
veranstalten pro Jahr 40 LAN-Partys mit durchschnittlich 250
Teilnehmern und hatten noch nie Handgreiflichkeiten oder andere
Gewaltausbrüche. Und wir spielen auf diesen Partys nicht 'Pony Ranch'
oder 'Prinzessin Lillifee' ..."
Kontraproduktiv
Teilnehmer an der Podiumsdiskussion war auch Herbert Rosenstingl,
Projektleiter der Bundesstelle für Positivprädikatisierung von
Computer- und Konsolenspielen (BuPP) im Sozialministerium. Er spricht
sich - wie übrigens auch Bundesministerin Ursula Haubner (B) - gegen
ein generelles Verbot von bestimmten Spielen aus: "Das wäre
kontraproduktiv." Rosenstingl empfiehlt Eltern und Pädagogen, sich in
Erlebniswelten der Kinder und Jugendlichen hinein zu versetzen: "Was
am Computerbildschirm passiert, wird von Erwachsenen mit einer
Sehgewohnheit wahrgenommen, die stark von Film und Fernsehen geprägt
ist. Sie übersehen dabei aber einen wesentlichen Aspekt: In einem
Computerspiel gibt es keine Tragödien, niemand ist seinem Schicksal
hilflos ausgeliefert. Im Gegenteil: Der Spieler bekommt immer eine
zweite Chance und die Möglichkeit, sich neu zu bewähren. Das ist, was
Jugendliche oft so fasziniert, denn es sind Dinge, die ihnen in der
Realität oft fehlen."
Rosenstingl plädiert für verstärkte Kommunikation zwischen
Jugendlichen und Erwachsenen: "Wenn in bestimmten Computerspielen
Gewalt als Weg zum Erfolgserlebnis vorgesehen ist, dann sollte man
mit den jungen Spielern darüber reden, dass dieser Weg im wahren
Leben nicht zielführend ist." Gleichzeitig weiß er aber, dass
Jugendliche, die selbst schon Gewalt in der eigenen Familie erleben
mussten, mit dieser Argumentation möglicherweise Probleme haben
können: "In solchen Fällen ist das Computerspiel als Ursache von
Aggression aber auszuschließen ..."
Siegel
Die BuPP hat zum Ziel, Spiele mit ihrem Gütesiegel zu versehen,
die Spielspaß garantieren. Das Motto lautet "Gutes empfehlen statt
Schlechtes verbieten". Die Spielerszene, sagt Clemens Schneidhofer,
steht gesammelt hinter den Ideen der BuPP: "Das ist eine sehr gute
Institution. In Deutschland kommen Spiele auf einen Index, das heißt,
es wird negativ prädikatisiert. In Österreich wird das Positive
hervorgehoben; das ist sicher der bessere Weg." (APA)