Manama - Der erwartete schiitische Erdrutschsieg bei den Parlamentswahlen in Bahrain ist ausgeblieben, bei der zweiten Stichwahl am Samstag besiegten nur zwei Kandidaten des schiitischen Wifaq-Blocks ihre sunnitischen Konkurrenten. Aber immerhin stellen die Schiiten nun 18 der Abgeordneten im 40-köpfigen Parlament.

 

Damit sind sie politisch repräsentiert wie nie zuvor in der Geschichte von Bahrain. 2002 hatten die Schiiten, die in Bahrain eine Bevölkerungsmehrheit von bis zu 70 Prozent stellen, die Parlamentswahlen noch boykottiert. Das neue politische Selbstbewusstsein der Schiiten, die politisch und gesellschaftlich diskriminiert sind, wird in anderen Golfstaaten misstrauisch beäugt, auch wenn diese nur schiitische Minderheiten haben.

Auffällig ist beim Wahlergebnis in Bahrain der Trend zum Islamismus: Von den angetretenen Liberalen konnte sich nur einer durchsetzen. Die islamistischen Wahlbewerber war nicht zimperlich: Die liberalen Kandidaten wurden teilweise in Moscheen als "Ungläubige" beschimpft.

Frau ohne Konkurrent

Auch die von oben gewünschte Partizipation der Frauen klappt nicht wirklich: Eine Frau, Latifa al-Kaud, gewann einen Sitz - allerdings hatte sie in ihrem Wahlbezirk keinen Mitbewerber. Die Kandidatin Munira Kakhru, deren Sieg als beinahe sicher galt, hat öffentlich Zweifel angemeldet, ob sie nicht durch Manipulationen zugunsten ihres der Muslimbruderschaft zugerechneten Konkurrenten Salah Ali verloren hat.

Bahrain ist zwar ein kleines Land, aber durch die Bevölkerungsverteilung, die der des Irak gleicht (allerdings ohne Iraks indogene christliche und andere Minderheiten), interessant, zumal dort auch die amerikanische Fünfte Flotte und das Central Command der US-Navy stationiert ist. Der Zulauf zu den Islamisten kann durchaus als Ausdruck des Unwohlseins über die militärische US-Präsenz gelesen werden. Außerdem war Bahrain über Jahrzehnte hinweg eine Oase des Liberalismus, auch wenn die Gesellschaft selbst konservativ geblieben ist. Der Permissivität, was etwa Alkohol anbelangt, wird jetzt der Kampf angesagt werden, fürchten Beobachter.

Schritt hin zu mehr Demokratie

Trotz der Sorgen über eine konservative Wende und über eine Verschärfung der konfessionellen Gegensätze in der Politik bescheinigen die meisten Beobachter den Wahlen, dass sie ein Schritt hin zu mehr Demokratie sind. Dem gewählten Abgeordnetenhaus steht allerdings eine zweite Kammer gegenüber, deren Mitglieder von König Hamad Isa Al Khalifa berufen werden (der das Scheichtum 2002 zur konstitutionellen Monarchie umwandelte). Von den schiitischen Abgeordneten wird jedoch erwartet, dass sie Druck machen, jene Gesetze zur Beschränkung von politischen Freiheiten zu ändern, unter denen sie selbst leiden. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Printausgabe 4.12.2006)