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Unter dem Christbaum dürfte noch keine neue Regierung liegen

foto: apa/dpa/Patrick Pleul
Wien - Bis Weihnachten eine Regierung zu haben scheint auch angesichts des Fahrplans nicht sehr wahrscheinlich. Drei offizielle Termine stehen fest, auf dem derzeit bekannten Fahrplan steht der 20. Dezember als letzter Termin der großen Runde. Verteilt auf vier wöchentliche Treffen, vom 30. November bis 20. Dezember, scheinen zwar fast alle Sachthemen auf, ein großer Brocken fehlt aber: die Finanzen. Die Chefs der ursprünglichen Arbeitsgruppe "Finanzen" - SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter und Minister Grasser - haben zwar den Kassasturz schon erledigt und sollen nur noch die "begleitende Evaluierung" wahrnehmen. Dennoch wird wohl noch über Themen wie Steuerreform oder Budget in einer großen Runde zu sprechen sein.

Tag 63 nach der Wahl

Mittlerweile ist die durchschnittliche Verhandlungsdauer der Zweiten Republik - 57 Tage zwischen Wahl und Angelobung der Regierung - schon überschritten. Dafür hätte die große Koalition am Montag vergangener Woche in der Hofburg antreten müssen. Heute, Montag, ist Tag 63 nach der Wahl.

Die nächste Verhandlungsrunde tritt am Mittwoch zusammen und soll sich dem Thema Staats- und Verwaltungsreform widmen. Danach gibt es zwei weitere Termine: Am 13. September werden die Fragen Wirtschaftstandort, äußere Sicherheit inklusive Eurofighter sowie Frauen, Familie und Jugend zwischen SPÖ und ÖVP verhandelt. Der Eurofighter wird an diesem Tag wohl das zentrale Thema sein. Die SPÖ sucht nach einem möglichen Ausstieg aus dem Kaufvertrag, die ÖVP beharrt dagegen auf der Anschaffung der 18 Kampfflugzeuge.

Am 20. Dezember stehen schließlich Soziales, Gesundheit und Bildung auf dem Programm. Mit einer Regierungsbildung im heurigen Jahr ist also nicht zu rechnen.

Die Staats- und Verwaltungsreform, die am Mittwoch verhandelt wird, könnte das Prestigeprojekt einer großen Koalition sein, sollte sie zustande kommen - und sie ist heikel. Begonnen von der von der ÖVP seit Jahren geforderten Briefwahl über die Kompetenzbereinigung zwischen Bund und Ländern, Verfassungsreform und Gerichtsbarkeitsreform gibt es jede Menge Potenzial für Streitereien. Was die Ausgangslage verbessert, ist, dass die SPÖ in den Ländern jetzt ähnlich stark ist wie die Volkspartei und der klassische Konflikt zwischen der "zentralistischen" SPÖ und der "föderalistischen" ÖVP deutlich abgemildert ist.

IV drängt auf Reform

Die Industriellenvereinigung (IV) drängt auf neue Kompetenzverteilung und die effiziente Neugestaltung von Verwaltungsstrukturen im föderalen Bereich. Auch das Institut für Höhere Studien pocht auf die Notwendigkeit einer Staats- und Verwaltungsreform. Den meisten Themen der anstehenden Verhandlungen könnte nur mit einer effizienten Bundesstaatsreform begegnet werden. Die unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen in Bereichen wie der Pflege oder der Sozialhilfe mache dies deutlich, so IHS-Chef Bernhard Felderer. Eine große Koalition müsse die Reform des Verfassungsrechts unbedingt in Angriff nehmen.

Absurde" Noten

SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser hat am Sonntag Aussagen von ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer zurückgewiesen, der gemeint hatte, dass sich manche Lehrer nicht mehr trauen würden, Kinder zu benoten "Das ist doch absurd", meinte Niederwieser. Die Leistungsbeurteilung sei in den Koalitionsgesprächen zwischen SPÖ und ÖVP noch gar nicht Thema gewesen. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 04.12.2006)