Der ehemalige Umweltminister Stepháne Dion ist am Wochenende in Montreal überraschend zum neuen Parteivorsitzenden der kanadischen Liberalen gewählt worden. Der in Quebec geborene Akademiker französischer Muttersprache schlug unerwartet den Favoriten und Ex-Harvard-Professor Michael Ignatieff, einen international bekannten Buchautor und Menschenrechtsexperten, im vierten Wahlgang mit 54 Prozent der über 4000 Delegiertenstimmen. Der 51-jährige Dion wird nun als künftiger Kandidat für das Amt des Premierministers die Liberale Partei Kanadas in die kommenden Wahlen führen, die möglicherweise bereits im Jahr 2007 stattfinden werden.

Die Konservativen, die im Januar 2006 an die Macht gekommen waren und damit über zwölf Jahre Regierungszeit der Liberalen beendet hatten, bilden nur eine Minderheitsregierung. "Meine Aufgabe und Verantwortung ist es, meine Partei auf die Wahlen vorzubereiten", erklärte Dion nach seinem Sieg.

Langjährige Erfahrung

Im Gegensatz zum charismatischen Ignatieff, der sich während seiner Kampagne mit kontroversen Äußerungen zur Außenpolitik und zur nationalen Einheit Kanadas Kritiker geschaffen hatte, besitzt Dion langjährige politische Erfahrung: Er ist ebenfalls ein ehemaliger Universitätsprofessor, wurde 1996 als Abgeordneter ins Parlament gewählt, war sieben Jahre lang Minister für nationale Einheit in der Regierung von Jean Chrétien und eineinhalb Jahre lang Umweltminister unter dessen Nachfolger Paul Martin. (Bernadette Calonego aus Vancouver, DER STANDARD, Printausgabe 4.12.2006)