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Der "Sicherheitsberater" Mario Scaramella gerät weiter ins Zwielicht.

foto:getty Images/Salvatore Laporta
Mario Scaramella gehört zu jenen Figuren, wie sie sich in John Le Carrés Romanen dutzendweise tummeln. Dubiose Grenzgänger, auf deren Visitenkarten Namen internationaler Institute in fremden Ländern aufscheinen. Zuträger, die im Schatten der Geheimdienste arbeiten und ihre Informationen an den Meistbietenden verkaufen.

Einmal gibt sich der 36-jährige Neapolitaner als Mitglied des Reseach Institute von San José aus, einmal als Sekretär des Environmental Crime Prevention Program in Miami. Dass noch nicht genau feststeht, ob der mit Polonium 210 verstrahlte Italiener nun Opfer oder Mittäter des Giftanschlags auf Alexander Litwinenko ist, gehört quasi zum Berufsrisiko des "privaten Sicherheitsberaters".

Dass die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Waffenhandels, Verleumdung und Geheimnisverrats ermittelt, bestreitet der rundliche Süditaliener: "Mein Strafregister ist weiß wie Schnee." Oder weiß wie jenes Kokain, über dessen Verkauf an die russische Drogenmafia Scaramella als CIA-Agent in Kolumbien ermittelt haben will. Mit dem ihm angedichteten Uranschmuggel von Russland nach San Marino will der Geheimdienstexperte nichts zu tun haben. Auch dass er bei Neapel in eine Schießerei zwischen Camorra und Polizei geraten war, schreibt er dem Zufall zu.

Die plötzliche Neugier für seine Person findet Scaramella "paradox". Es war ein Fall von Künstlerpech für den "007 all'amatriciana" (einen Maccheroni-007 wie ihn La Stampa nennt), dass die Staatsanwälte sein Telefon abhören ließen. Denn der selbst ernannte Professore telefonierte auffällig oft mit Paolo Guzzanti. Der Forza-Italia-Senator und Vizechef der Berlusconi-eigenen Zeitung Il Giornale war bis zu den italienischen Parlamentswahlen im April Vorsitzender eines Parlamentsauschusses, der die Umtriebe des KGB in Italien untersuchen sollte.

Offenbar versuchten beide auch nach dem Machtwechsel in Rom, aus den Moskauer Geheimdienstarchiven belastendes Material gegen Ministerpräsident Romano Prodi zu beschaffen. Man könne dem 1981 von Prodi gegründeten Wirtschaftsinstitut Nomisma Zusammenarbeit mit dem Moskauer Plechanow-Institut nachweisen, so ein Vorschlag Scaramellas, der Guzzanti auch Unterlagen über den italienischen Grünen-Chef und nunmehrigen Umweltminister Alfonso Pecoraro Scanio anbot.

Romano Prodi, der Guzzantis Umtriebe als "skandalös" bezeichnete, hat inzwischen mit einer Anzeige reagiert. Innenminister Giuliano Amato will die Arbeit des Ausschussvorsitzenden nun gründlich klären. Mario Scaramella unterdessen weist den Vorwurf eines "Komplotts" entrüstet zurück: "Der Begriff Komplott existiert für mich nicht", ließ er wissen. (Gerhard Mumelter/(DER STANDARD, Printausgabe, 04.12.2006)