Foto: Vindobona.at

Wien – Die Wiener Kabarettbühne Vindobona stellt noch im Dezember den Spielbetrieb ein. Das hat Geschäftsführer Wolfgang Gratzl am Montag im Gespräch mit der APA angekündigt. Die letzte Vorstellung wird demnach kurz vor Weihnachten – am 22. Dezember – stattfinden. Danach will Gratzl Konkurs anmelden. Die finanziellen Probleme waren im Zuge der im Vorjahr begonnenen Generalsanierung entstanden.

Laut Gratzl haben die Gespräche mit der Stadt Wien über eine Rettung der Bühne kein Ergebnis gebracht. Ein Angebot zur Finanzierung habe es nicht gegeben. Nun stehe die bekannte Bühne vor dem Aus. "Die ganze Kabarettszene ist entsetzt", versicherte Gratzl.

Baustelle ohne Bauarbeiter

Das Wiener Vindobona ist derzeit eine Baustelle – auf der laut Gratzl jedoch die Bauarbeiter fehlen. Die Firmen seien nämlich bereits abgezogen. Fertig gestellt ist nur der große Saal, den geplanten kleinen Saal sowie den Gastronomiebereich gibt es noch nicht. Laut Geschäftsführer Gratzl hätte der Umbau ursprünglich rund zwei Mio. Euro kosten sollen. Durch Verzögerungen in den vergangenen Monaten wären die Kosten aber gestiegen.

Gratzl hat das Haus am Wallensteinplatz 1998 übernommen. Nach rund 20 Jahren Theaterbetrieb war das Vindobona zuletzt so desolat, dass eine Sanierung notwendig wurde. Diese startete 2005. Als provisorische Spielstätte fungierte im Herbst 2005 das Wiener "Lustspielhaus". Im Frühjahr 2006 wurde schließlich zumindest der große Saal wiedereröffnet.

Die wohl letzte Vorstellung wird am 22. Dezember stattfinden. Auf dem Programm steht "PAARanoia" von Gerold Rudle und Monica Weinzettl.

Dank für 20 Jahre

Im aktuellen Vindobona-Newsletter verabschiedet sich der Betreiber bereits vom Publikum: "Das Vindobona muss ab Weihnachten seinen Spielbetrieb einstellen und bleibt geschlossen. Wir danken unserem Publikum für die tausenden großartigen Vorstellungen in den vergangenen 20 Jahren und wünschen Ihnen weiterhin viel Spaß und gute Unterhaltung in den Wiener Kabarettbühnen. Nutzen Sie im Dezember die letzte Möglichkeit Konzerte und Kabarett in diesem traditionsreichen Kulturbetrieb zu besuchen."

Rathaus-Angebote für gemeinsame Lösung aufrecht

Hoffnungsschimmer für das Wiener Vindobona: Laut Rathaus sind die Angebote der Stadt für eine Weiterführung der Bühne noch immer aufrecht. Wie eine Sprecherin von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) berichtete, sei Geschäftsführer Wolfgang Gratzl am Montag in einem Telefonat aufgefordert worden, sich rasch zu entscheiden, ob er eine gemeinsame Lösung mit der Stadt wolle.

"Eine Schließung würden wir sehr bedauern", betonte die Sprecherin. Die Stadt habe schon bisher Vorschläge gemacht, der Betreiber sei aber darauf nie eingegangen.

Gratzl will nicht auf Angebot eingehen

Gratzl hatte am angedeutet, dass er dies auch weiterhin nicht tun werde. Laut Gratzl ist etwa geplant gewesen, dass er die Anteile am Vindobona abgibt. Haftung bzw. Schulden wären ihm aber geblieben, so Gratzl.

Bedauerlich wäre laut Rathaus auch, wenn es zu einem Insolvenz-Antrag kommen sollte. Die Stadt, so betonte man im Mailath-Büro, würde sich jedoch für einen Neustart der Kabarettbühne einsetzen.

Kritik an der Stadt übte der Kultursprecher der ÖVP, Franz Ferdinand Wolf: "Das Zögern und Zaudern von SP-Kulturstadtrat Mailath-Pokorny fordert ein weiteres Opfer", so Wolf in einer Aussendung. Das Kulturamt habe die "dringend notwendigen Mittel" nicht bereitgestellt. (APA)

>>>Nachlese: Vindobona als Chance (8.7.2006) Vindobona als Chance

Mehr als dreieinhalb Jahre ist es her, dass Andreas Mailath-Pokorny, der Wiener Kulturstadtrat, eine umfassende Theaterreform in Angriff nahm. Er wollte mit dem Beistand von Kuratoren und der Opposition die altgedienten Theatermacher drängen, ihre Häuser zugunsten einer Erneuerung aufzugeben: Die Mietverträge, aufgrund derer die Gründer quasi auf Lebenszeit Direktoren sein können, sollten der Stadt überlassen werden. Denn die öffentliche Hand finanziert nicht nur den Betrieb mit, sondern trägt auch den Großteil der Investitionen. Doch mit dieser – hart formuliert – fast erpresserischen Methode kam Mailath nicht weit: Sowohl beim Odeon als auch beim Kosmostheater musste er klein beigeben.

Sonderbarerweise wandte er diese Taktik nicht beim Vindobona an: Er gewährte dem Betreiber der Kabarettbühne stolze 1,35 Millionen Euro für den Umbau. Dass die Summe nicht reichen würde, weil die ursprünglichen Kostenschätzungen weit höher lagen, mutmaßten viele. Sie sollten Recht behalten. Der Betreiber versucht nun, den Stadtrat – hart formuliert – zu erpressen: Es wäre unverantwortlich, derart viel Geld zu versenken; die Stadt müsse daher noch 400.000 Euro zuschießen.

Mailath stellt sich derzeit zwar taub, wird aber einen Konkurs nicht auf seine Kappe nehmen wollen. Er sollte daher, getreu seiner Taktik, weitere Mittel nur gegen Überlassung des Mietvertrages gewähren. Dann wäre das Vindobona nicht bloß gerettet: Mailath könnte künftig bei der Bestellung der Theaterleitung mitbestimmen – und den Veranstaltungsort, der ja neben dem vergrößerten Saal noch einen kleine Bühne und einen Probenraum erhält, auch als längst versprochenes Koproduktionshaus positionieren. Denn das Kosmostheater zu einem solchen umzufunktionieren: Das ist Mailath nicht geglückt. (Thomas Trenker, DER STANDARD, Printausgabe, 8.7.2006)