Salzburg - Im spektakulären Prozess um den Raubüberfall auf eine Filiale des Salzburger Juweliers Helmut Nadler am 24. Oktober 2005 wurde der 40-jährige Franzose Michel Z. am Montag von einem Salzburger Schwurgericht zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Es handle sich dabei um eine Zusatzstrafe aus einer Verurteilung in Bozen, erklärte der Vorsitzende Richter Manfred Seiss. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da weder Staatsanwalt Andreas Allex noch Verteidiger Ägidius Horvatits eine Erklärung abgaben.

Wilde Verfolgungsjagd

Mit vorgehaltener Pistole hatte der Mann zwei Verkäuferinnen bedroht und auf Englisch die Herausgabe der Pretiosen gefordert. Eine Kundin, die gegen Ladenschluss das Geschäft betrat, konnte dem Täter entkommen. Nach dem Überfall raste er in einem gestohlenen Auto im Rückwärtsgang auf einen Polizisten zu, der den Wagen mit einem Schuss fahruntauglich machte. Daraufhin nötigte er einem 18-jährigen Schüler dessen Pkw ab, stieg auf der Inntalautobahn ordentlich aufs Gas und entwischte seinen Verfolgern mit 180 km/h.

Auf dem Brenner durchstieß er einen Schranken, in Sterzing in Südtirol war schließlich Endstation. Die Exekutive hatte die Mautstelle verbarrikadiert, der Räuber flüchtete zu Fuß weiter. Zwei Polizisten, die ihm mit einem Spürhund auf den Fersen waren, fanden eine Sporttasche mit der Beute und legten sich auf die Lauer. Da schlich sich der Täter mit einem Messer in der Hand von hinten an. Die Beamten konnten ihn überwältigen. Er wurde in Bozen zu drei Jahren Haft verurteilt und im September an Österreich ausgeliefert. Z. saß bereits in Frankreich und in den USA wegen bewaffneter Raubüberfälle jahrelang im Gefängnis.

Geständnis und Motiv

Sehr eloquent und wie ein Gentleman, der keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte, so präsentierte sich der Nadler-Räuber am Montag den Geschworenen. Er gestand die Tat ein, betonte aber, dass die Pistole nicht geladen war. Als Motiv gab der Beschuldigte Geldnot an. Michel Z. und dessen Familie seien von jenen Leuten, von denen sich der Angeklagte 30.000 Euro geborgt hätte, massivst bedroht worden, "weil er das Geld nicht rechtzeitig zurückgeben konnte", erklärte der Verteidiger.

Sein Mandant sei sehr bedacht gewesen, niemanden zu verletzen. "Er war äußerst höflich zu den unschuldigen Damen", betonte der Rechtsanwalt. Sogar der Staatsanwalt bemerkte, Z. habe sich nach dem Überfall höflich verabschiedet.

Auf den 18-jährigen Schüler, den er während seiner Flucht vor der Polizei aus dem Auto zerrte, habe er nicht mit der Waffe gezielt, beteuerte der Angeklagte. In diesem Punkt stuften die Geschworenen die Wegnahme des Wagens nicht als Raub, sondern als "unbefugte Inbetriebnahme eines Fahrzeuges" und "Nötigung" ein.

Einstimmig

Der Franzose hatte sich wegen schweren Raubes, gefährlicher Drohung und Widerstands gegen die Staatsgewalt vor dem Schwurgericht verantworten müssen. Der Strafrahmen betrug bis zu 15 Jahre Haft. Die acht Laienrichter hatten den Wahrspruch einstimmig gefällt. Da der Beschuldigte Englisch sprach, musste ein Dolmetscher übersetzen.

Die Filialen des Salzburger Juweliers Helmut Nadler wurden in den vergangenen zwei Jahren insgesamt sechs Mal überfallen. Heuer im März erbeuteten zwei Unbekannte in der Dreifaltigkeitsgasse Schmuck um 300.000 bis 500.000 Euro. Dieser Raub ist noch nicht aufgeklärt. (APA)