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"Er ist zum jetzigen Zeitpunkt einfach der kompletteste Springer"

Foto: APA/Artinger
Standard: Der Skisport hat jetzt wegen Schneemangels Pause. Ihr nächster Weltcup-Bewerb findet erst in zwei Wochen statt. Ist das nach den Erfolgen von Lillehammer besonders unangenehm?

Pointner: Für uns ist das kein Nachteil, weil wir jetzt in Ruhe im konditionellen Bereich arbeiten können. Dass die Sprünge passen, haben wir ja in Norwegen gezeigt.

Standard: Dabei haben Ihre Athleten in dieser Saison noch relativ wenige Schneesprünge machen können.

Pointner: Das war nicht viel weniger als in den letzten Jahren. Aber die Ausbeute der guten Sprünge war eher gering. Normalerweise lernt man erst mit der Wiederholung von guten Sprüngen richtig dazu.

Standard: Trotzdem konnte Gregor Schlierenzauer mit seinen 16 Jahren im dritten Versuch gleich ein Weltcupspringen gewinnen. Überrascht?

Pointner: Nein. Er ist ja Junioren-Weltmeister und hat das schon beim Sommer-Grand-Prix mit dem Sieg in Courchevel angedeutet. Er hätte noch mehr gewinnen können, es ist aber immer etwas dazwischen gekommen. Er ist zum jetzigen Zeitpunkt einfach der kompletteste Springer.

Standard: Umso mehr hat es überrascht, dass er für den Weltcup-Auftakt in Kuusamo nicht nominiert wurde. Gab es Kritik an dieser Entscheidung?

Pointner: Wir habe diese Entscheidung gemeinsam getragen. Der Trainerstab und auch Sportdirektor Toni Innauer. Es gab auch keine Kritik, weil sich noch viele erinnern konnten, dass Thomas Morgenstern vor zwei Jahren auf dieser Schanze schwer gestürzt ist. Auch so war es ganz richtig, den Gregor nicht zum Auftakt nach Finnland mitzunehmen. Er hat sich viel Stress, viel Warterei, ein abgebrochenes und ein abgesagtes Springen erspart, hat ruhig in Lillehammer auf der kleinen Schanze trainiert, war frei im Kopf.

Standard: Jetzt wird einiges an Popularität auf ihn zukommen. Kann er damit umgehen?

Pointner: Da habe ich keine Sorgen. Einerseits ist er sehr reif für sein Alter, andererseits hat er ein ideales Umfeld mit seinen Eltern und seinem Onkel Markus Prock, der auch sein Management besorgt. Wir haben zudem jetzt einige Typen in der Mannschaft, keinen Einzelnen, der heraussticht. Natürlich sind auch wir als Team gefordert. Wenn es nach der Öffentlichkeit geht, schaut es mit seinem Tagesablauf natürlich schnell einmal ganz anders aus. Man muss da schon eine Linie vorgeben.

Standard: Schlierenzauer ist sehr jung, er kann sich auch körperlich noch verändern.

Pointner: Es hat schon genug Beispiele dafür gegeben, dass 16-Jährige kurzzeitig alles dominiert haben und durch einen Wachstumsschub viel verändert wurde. Aber Gregor hat das selbst schon öfter durchgemacht. Er ist ein absoluter Gefühlsmensch, der das selbst nachjustieren kann.

Standard: Das klingt schon ziemlich einzigartig. Ist er mit einem ehemaligen oder aktuellen Springer zu vergleichen?

Pointner: Der Gregor passt in keine Schublade. Er ist sicher kein Thomas Morgenstern, der das größte Selbstvertrauen in der Szene hat. Er ist eher ein Künstler, ein gefühlsbetonter Mensch, der nicht ein starres Konzept sucht, sondern mit allen Situationen zurecht kommt. Er spürt sich selbst mehr als manch anderer. (Sigi Lützow, DER STANDARD Printausgabe 5. Dezember 2006)