Mailand - Die italienische Regierung will die angeschlagene Fluggesellschaft Alitalia so schnell wie möglich privatisieren. Wirtschaftsminister Tommaso Padoa Schioppa bestätigte am Dienstag, dass die Kontrollmehrheit, das heißt mindestens 30,1 Prozent der Alitalia- Anteile, abgegeben werden. Der Staat hält noch 49,9 Prozent des Alitalia-Kapitals. Der Wert des zu verkaufenden Anteils wird auf rund 400 Mio. Euro geschätzt. Der Käufer muss sich nicht nur verpflichten, ein öffentliches Übernahmeangebot für die restlichen Alitalia-Anteile zu präsentieren. Auch müssen bestimmte Kriterien, wie etwa die Beibehaltung der nationalen Identität und des Beschäftigtenstands erfüllt werden.

Es wird nicht leicht sein, einen geeigneten Käufer zu finden. Noch im Oktober hat Ministerpräsident Romano Prodi vor einem Kollaps der Fluggesellschaft gewarnt. Es sei bis Jänner Zeit, um mit einer gemeinsamen Lösung den Zusammenbruch zu verhindern, meinte Prodi damals. Die Äußerungen des Regierungschef sind nicht die beste Voraussetzung für einen Verkauf.

Die Regierung hofft auf eine interne Lösung. Als potenzielle Interessenten werden die Namen des früheren Fiat- und Olivetti-Managers Carlo De Benedetti genannt, der mit dem Schuhunternehmer Diego Della Valle eine Seilschaft gründen will. Auch wird die vor allem im Binnenflugverkehr tätige Air One als potenzieller Interessent gehandelt. Sie soll angeblich von der Banca Intesa unterstützt werden.

Allerdings müsste ein entsprechendes Engagement erst von der Wettbewerbsbehörde abgesegnet werden. Dies dürfte nicht schwierig sein, da Alitalia beim Binnenverkehr einen Anteil von weniger als 50 Prozent hält. Banca Intesa-Chef Corrado Passera hat vor Kurzem bestätigt, dass er die Alitalia–Sanierung unterstützen wolle, sollte ein effizienter Geschäftsplan vorliegen. Medien nennen die Benetton-Gruppe, die bereits im Airportgeschäft (Flughafen von Turin) und bei Infrastrukturen (Autostrade) tätig ist, als möglichen Interessenten. Kürzlich war bekannt geworden, dass Alitalia mit Air France-KLM Fusionsgespräche führt. Das französische-niederländische Unternehmen schreckt aber noch vor den roten Zahlen der Italiener zurück. Eine Übernahme käme wohl erst nach erfolgreicher Sanierung in Frage.

"Der Einstieg der Franzosen wäre das geringere Übel", heißt es in Gewerkschaftskreisen. Diese befürchten, dass asiatische Interessenten, etwa Air China oder Thai Airways mitbieten und dann rigoros durchgreifen würden. Ein Gewerkschaftsvertreter hatte sogar Kuwait Airways ins Spiel gebracht. Bisher hat einzig die Lufthansa ein Interesse an Alitalia klar dementiert. Branchenbeobachter stellen sich eher ein Engagement der Deutschen bei der spanischen Iberia vor, da diese offenbar mit ihrem Allianzpartner British Airways über Kreuz liegt. (Thesy Kness-Bastaroli, Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.12.2006)