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Schwieriges Ressort, keine bundespolitische Erfahrung: Franz Josef Jung.

Foto: Reuters
Am Dienstagmorgen hatte Franz Josef Jung (CDU) einen guten Moment. Der deutsche Verteidigungsminister stand auf dem Flughafen Köln-Wahn und empfing deutsche Soldaten, die aus dem Kongo heimkehrten. Und als der oberste Dienstherr zu ihnen sprach, war da ausnahmsweise niemand, der an ihm herummäkelte.

Am Nachmittag flog der Minister dann nach Bosnien-Herzegowina, und gleichzeitig stieg in Berlin der politische Adrenalinspiegel. Denn Jung gilt als einer der schwächsten Minister im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel, und Bosnien ist ungleich heikleres Terrain als der Flughafen Köln-Wahn. Deutlich häufiger als andere wird Jung von der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen korrigiert und ist somit zunehmend eine Last für die Kanzlerin. "Minister im Praktikum", höhnte die Süddeutsche Zeitung über ihn.

Gerade hat Jung mit Äußerungen über einen Afrika-Einsatz für Aufregung gesorgt. Offenbar beschwingt vom positiven Verlauf der EU-Kongo-Mission, die im brandenburgischen Potsdam koordiniert wurde, dachte Jung laut über eine Ausweitung der Einsatzzone nach und erklärte, Deutsche seien durchaus auch für eine Mission in der sudanesischen Krisenregion Darfur zu haben: "Wenn es eine Gesamtoperation gibt, dann werden wir uns einer solchen Anfrage nicht verweigern."

Ein empörter Aufschrei in der Unionsfraktion war die Folge. "Unsere Soldaten sind nicht irgendeine politische Gefälligkeitsware", schimpfte Peter Ramsauer, CSU- Landesgruppenchef. Die Regierung im Sudan bombardiere Dörfer, unterbinde vorsätzlich die Versorgung der Flüchtlinge, erkenne die UN-Resolution 1706 nicht an und habe erklärt, sie werde eine aufgestockte UN-Truppe wie Feinde bekämpfen, so Ramsauer. Sein Fazit: Dort deutsche Soldaten hinschicken zu wollen sei "verantwortungslos". Ähnlich empört ist Fraktionschef Volker Kauder, der Jung unmissverständlich daran erinnerte, dass das Mandat für einen Auslandseinsatz immer noch der Bundestag erteile. Jungs Verteidigung: Die Bundeswehr sei ja auch schon an einer Mission der Afrikanischen Union (AU) beteiligt.

Auch Merkel hat den Winzersohn aus Hessen, der ihr vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) ins schwierige Wehrressort gedrückt worden war, schon zurückpfeifen müssen. Als Deutschland sich auf den Marine- Einsatz vor der libanesischen Küste vorbereitete, hatte Jung von "Kampfeinsätzen" gesprochen, die nun im Nahen Osten bevorstünden. "Robustes Mandat ist, glaube ich, die richtige Beschreibung", beschied Merkel daraufhin mit säuerlicher Miene.

Weihnachten im Amt

Ende Oktober überraschte Jung mit der Ankündigung, die Deutschen würden sich bald aus Bosnien zurückziehen, was im Kanzleramt als "falsches Signal zur falschen Zeit" eingestuft wurde. Man könne nicht gleichzeitig in einem "Weißbuch" die Ausweitung der Auslandseinsätze auf bis zu 14.000 Soldaten befürworten und andererseits signalisieren, dass Deutschland mit 9000 Mann im Ausland an der Grenze seiner Kapazität stehe. Am Dienstag, beim Flug nach Bosnien, machte Jung dann deutlich, dass der Rückzug von 300 Soldaten in der EU abgesprochen sei.

Dass viele in Berlin prophezeien, Jung werde Weihnachten schon nicht mehr im Amt sein, ficht den 57-Jährigen nicht an: "Die haben ja nicht gesagt, welche Weihnachten, ob 2020 oder welche Weihnachten auch immer." (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 6.12.2006)