Wien - Mehrere Organisationen schlagen Alarm, was die Behandlung von Asylwerbern in Österreich betrifft. Im "Wahrnehmungsbericht 2006" werden "unmenschliche Härtefälle", eine Verfünffachung der Schubhäftlingszahlen und eine "Verpolizeilichung" des Asylbereichs kritisiert. Diese Bilanz ein Jahr nach In-Kraft-Treten des Fremdenrechtspaketes spricht auch von "Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit".

Kaum positive Änderungen

"Wir sind zum Schluss gekommen, dass die Härtefälle anscheinend noch zum Programm dieser Regierung gehören", fasste Anny Knapp, Obfrau der "Asylkoordination", das Ergebnis des Berichts zusammen. Sie sieht die Regierungsbildung als Chance, einen anderen Weg einzuschlagen. "Im neuen Asylgesetz muss man die positiven Änderungen wie die Stecknadel im Heuhaufen suchen", so Knapp.

Auswirkungen dramatisch

Josef Weidenholzer, Präsident der "Volkshilfe Österreich", bezeichnet die Auswirkungen als dramatisch. So sei es zu einer "exzessiven Verhängung der Schubhaft" gekommen, die Zahl habe sich 2006 verfünffacht. Auch die Gründe dafür hätten sich geändert: "Schubhaft wird sofort bei Verdacht verhängt, dass Österreich für die Prüfung des Asylantrages nicht zuständig sein wird", sagte Weidenholzer. Aber auch bei der Zulassung des Verfahrens bleibe die Schubhaft oft bestehen.

Verstärkte Abschiebungen

Caritas-Präsident Franz Küberl bezeichnete als Grunddilemma des Fremdenrechtspaketes, dass es eher Schutz vor Asylsuchenden als für Asylsuchende biete. Dass diese nun verstärkt während der Berufung ins Ausland abgeschoben würden, sei ein "Fußtritt gegen die Rechtsstaatlichkeit". Küberl sprach außerdem von einer "Verpolizeilichung", die unmenschliche Härten schaffe. So würden Asylsuchende gleich nach ihrer Ankunft von Exekutivorganen befragt und danach im Gefängnis landen. Küberl forderte die sofortige medizinische und psychologische Betreuung, sowie eine Befragung durch Beamte in Zivil.

"Wenn uns die letzten Tage etwas gezeigt haben, dann, dass Abgeordnete nicht wissen, was im Parlament beschlossen worden ist", machte sich Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich, Luft zum umstrittenen Haubner-Erlass. Zum Asylgesetz meinte er, dass das Einsperren von Schutzsuchenden für Monate menschenrechtswidrig sei, handle es sich doch um ein reines Verwaltungsverfahren. Besonders bedenklich werde es, wenn es sich dazu um Folteropfer, Traumatisierte oder Minderjährige handle. "Integrationshaus"-Geschäftsführerin Andrea Eraslan-Weninger konnte dem wenig hinzufügen, sie forderte eine Sonderregelung für diese Menschen.

Auf ein weiteres Dilemma machte Werner Kerschbaum, stellvertretender Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, aufmerksam: Asylwerber würden nur mangelhaft über ihre rechtliche Situation aufgeklärt. So erhielten diese teils fehlerhafte Übersetzungen von Informationsblättern. Manche Passagen, etwa jene über das Rückkehrrecht bei erfolgreicher Berufung, würde man sogar weglassen. Kerschbaum: "Ein schlampiger und selektiver Umgang." (APA)