Khartum/El Fasher – Am Mittwoch wurden 134 Vertreter internationaler Organisationen aus der Stadt El Fasher in Darfur ausgeflogen. Schon Tags zuvor hatte die Afrikanische Union (AU) begonnen, ihre Mitarbeiter dort abzuziehen, aus Angst, ihr Quartier könne von Rebellen angegriffen werden. Die Situation in der westsudanesischen Provinz eskalierte bereits am Montag, als arabische Janjaweed-Milizen in El Fasher einfielen und einen Markt plünderten. Soldaten der Rebellengruppe Sudan Liberation Army (SLA) widersetzten sich, zwei von ihnen starben. Mittlerweile sollen sich weitere Rebellengruppen in der Stadt befinden. Schulen und Märkte sind geschlossen.

Die Krise in Darfur scheint sich offensichtlich noch zu verschärfen, nicht nur weil sich die Janjaweed bisher nur selten in größere Städte wagten, sondern auch weil immer klarer wird, dass das im Mai geschlossene Friedensabkommen, das auch die SLA unterschrieb, nicht umgesetzt wird. Die SLA behauptet zudem, dass die Regierung die Janjaweed, die seit Jahren im Sinne einer panarabischen Ideologie von Khartum unterstützt werden, wieder aufrüstet.

Der Vorfall zeigt aber auch die Hilflosigkeit der 7000 Mann starken AU-Friedensmission in Darfur, die nun vor den Milizen flüchtet. Das ist ein Armutszeugnis für die AU, sagt Philipp-Stephan Schneider von der Wiener Sudanplattform. Ich sehe nicht, dass es genügend Druck gibt, die sudanesische Regierung zum Einlenken zu bewegen. Am ehesten wären noch Russland, China oder die Arabische Liga dazu in der Lage. Doch von dieser Seite kämen nur Lippenbekenntnisse.

Nein zur UN-Truppe

Der sudanesische Präsident Omar al Bashir weigert sich, der bereits im August von der UNO beschlossenen Entsendung einer Truppe von 20.000 Blauhelmen nach Darfur zuzustimmen, die die AU-Truppe unterstützen soll. Erst vergangene Woche machte er wieder deutlich, dass er nur afrikanische Truppen akzeptieren werde, von der UNO aber nur finanzielle und logistische Unterstützung. Zumindest stimmte er der sechsmonatigen Verlängerung des Mandats für die AU-Mission zu. Das ist das übliche Spiel, die AU und die UNO einigen sich und dann stimmt Khartum nicht zu, so Schneider.

Unterdessen werden immer mehr Hilfsorganisationen mit fadenscheinigen Vorwürfen durch die Regierung in Khartum ausgewiesen. Dem Norwegian Refugee Council wurde etwa vorgeworfen, Spionage zu betreiben. Auch die deutsche Welthungerhilfe hat sich aus Darfur zurückgezogen. Ärzte ohne Grenzen (MSF) berichtet, dass in der Provinz zwölf Helfer getötet wurden, die Ärzteteams waren mehr als 40 gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt. Die Organisation ist wie viele andere nun gezwungen, Personal aus einigen Regionen abzuziehen. Mehr als eine Viertel Million Menschen seien durch die gefährliche Lage nicht mehr erreichbar und bekämen keine Hilfe, erklärte der Koordinator des UN-Welternährungsprogramms Daly Belgasmi. Der UN zufolge kommt in Darfur alle zehn Monate eine weitere Million Menschen hinzu, die auf Hilfe zum Überleben angewiesen ist. Seit Ausbruch der Krise im Jahr 2003 wurden hunderttausende Menschen umgebracht und Millionen in die Flucht getrieben. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, Print, 7.12.2006)