Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat am Dienstag im so genannten Grazer Babymord-Verfahren die lebenslange Haftstrafe für Gertraud A. bestätigt. Die 33-Jährige hat demnach drei Kinder nach deren Geburt vorsätzlich getötet. Der Prozess gegen Johannes G. (39), den Lebensgefährten der Frau, muss jedoch wiederholt werden. Der Berufungssenat leistete seiner Nichtigkeitsbeschwerde Folge und hob das Urteil wegen widersprüchlicher Feststellungen der Geschworenen auf.

Der Mann war vom Grazer Landesgericht wegen dreifachen Mordes in Form von Unterlassung zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Das Verfahren wurde vom OGH zur neuerlichen Verhandlung ans Grazer Landesgericht zurück verwiesen, wo sich nun ein neu zusammengesetzter Gerichtshof mit der Frage auseinander setzen muss, ob der Tischlermeister - wie von ihm behauptet - von den Schwangerschaften seiner Freundin und den Kindstötungen tatsächlich nichts mitbekommen hat.

Lebenslange Haft für Mutter bestätigt

Über Gertraud A. war am 31. März 2006 wegen dreifachen Mordes und Tötung eines weiteren Babys bei der Geburt die Höchststrafe verhängt worden. Die Geschworenen nahmen es als erwiesen an, dass die Frau zwischen 2001 und 2004 zu Hause vier lebensfähige Kinder zur Welt gebracht hatte und diese unmittelbar nach der Niederkunft verdursten bzw. erfrieren ließ, indem sie diese in ein Handtuch bzw. einen Plastiksack wickelte und achtlos liegen ließ bzw. in eine Tiefkühltruhe gab.

In der Gefriertruhe hatte man im Sommer 2005 zwei Leichen entdeckt, als auf dem Grundstück, das die Frau mit ihrem Lebensgefährten Johannes G. bewohnte, eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde. Zwei weitere Leichen fand die Polizei in im Keller abgestellten, zubetonierten Plastikkübeln.

Das Erstgericht billigte der Frau zu, nach der ersten Niederkunft unter Einwirkung des Geburtsvorgangs gehandelt zu haben. Bei den folgenden Geburten habe sie sich allerdings nicht mehr in einem psychischen Ausnahmezustand befunden, weshalb diese Fälle jeweils als Mord qualifiziert wurden.

Der OGH fand in Bezug auf die 33-jährige Frau keine Anhaltspunkte, die vom Erstgericht getroffenen Erkenntnisse in Zweifel zu ziehen. Ihre Nichtigkeitsbeschwerde wurde daher verworfen. Der Strafberufung leiste der Senat ebenfalls keine Folge. Der "außerordentlich hohe Unrechts- und Schuldgehalt" rechtfertige lebenslang, führte die Vorsitzende Helge Schmucker aus.

Verfahren gegen ihren Lebensgefährten muss wiederholt werden

Demgegenüber waren der ersten Instanz hinsichtlich des Kindsvaters Fehler unterlaufen, die den OGH dazu zwangen, dieses Urteil von Amts wegen aufzuheben. Es sei mit Nichtigkeit behaftet, da es widersprechende Feststellungen enthalte, bemerkte die Senatspräsidentin: "Der OGH kann nicht erkennen, was die Geschworenen gemeint haben."

Folglich muss der Prozess gegen Johannes G. im kommenden Jahr in Graz neu aufgerollt werden. Im ersten Rechtsgang war das Erstgericht zum Schluss gekommen, der Tischler habe seine Freundin während ihrer Schwangerschaften bestärkt, die Kinder vorsätzlich zu töten, und es im weiteren Verlauf in Kenntnis ihrer Absichten unterlassen, diese zu "retten".

Johannes G. betonte vor dem OGH einmal mehr, von den Schwangerschaften "leider nie etwas mitbekommen zu haben": "Hätte ich etwas gesehen, hätte ich keine Sekunde gezögert, den Kindern zu helfen!" Er verwies auf seine Söhne aus einer vorangegangenen Beziehung: "Ich habe kein einziges Mal meine Pflichten als Vater vernachlässigt!"

Johannes G. trat darüber hinaus für seine Lebensgefährtin ein, die den OGH in knappen Worten um ein "mildes Urteil" ersucht hatte. Er bezeichnete Gertraud A. als "meine zukünftige Frau" - offenbar haben die beiden Heiratsabsichten.

Nach der Urteilsverkündung im Justizpalast tröstete der Mann die 33-Jährige. Sein Anwalt Gerald Ruhri dürfte in den kommenden Tagen einen Enthaftungsantrag stellen - der Tischlermeister sitzt seit dem erstinstanzlichen Urteil in U-Haft. Gertraud A. wird demgegenüber im Hinblick auf ihre nunmehr rechtskräftige Strafe zur Verbüßung dieser in die Justizanstalt Schwarzau überstellt werden. (APA)