Wien/Salzburg - Hilferuf von der Plagiatsfront: "Ich weiß bei einigen 'meiner' mittlerweile 38 Fälle nicht, was mit ihnen geschehen soll", sagte der Salzburger Medienwissenschafter Stefan Weber. Weber hat sich in den vergangenen Jahren mit der Aufdeckung einiger spektakulärer Plagiate in Diplomarbeiten und Dissertationen einen Namen gemacht und wird nun immer wieder auf neue Fälle aufmerksam gemacht. Was ihn ins Dilemma bringt: "Ich bin ja eine Privatperson und nicht die offizielle österreichische Plagiats-Aufklärungsstelle. Aber wenn es gravierende Fälle gibt, muss man dies doch aufzeigen."

Webers Bilanz: 38 Plagiats-Fälle

Bisher ist Weber auf 38 Plagiats-Fälle gestoßen bzw. aufmerksam gemacht worden, bis auf einige wenige, die noch nicht vollständig nachrecherchiert wurden, "ausnahmslos verifizierte Plagiate". Das Spektrum reiche dabei von Bakkalaureat-Arbeiten bis zu Habilitationen. Fälle von unsauberer oder ungenügender Zitation habe er dabei noch gar nicht mit eingerechnet. Auf Grund von Verfahren, die nach Hinweis Webers eingeleitet wurden, wurden bisher drei akademische Titel aberkannt (ein Bachelor-, ein Magister- und ein Doktor-Titel), mindestens fünf weitere seien noch im Laufen, sagte Weber.

"Mir geht es um die Frage, was die Universitäten in der Sache tun - warten sie auf weitere Anzeigen, oder werden sie selbst aktiv wie die Universität Klagenfurt", sagte Weber. Nach neuen Verdachtsfällen wollen die Klagenfurter alle Diplomarbeiten und Dissertationen der vergangenen fünf Jahre auf etwaige Plagiatsfälle überprüfen und dazu eine eigene Stelle einrichten.

Für Weber ist das eine gute Initiative, doch in der Vergangenheit hätten sich die Unis nicht sehr um das Thema gekümmert. Das fehlende Vertrauen in die Selbstreinigungskraft der Hochschulen sei auch der Grund, warum er die Medien über Plagiatsfälle informiere. "Wenn es so gravierende Fälle gibt, muss ich doch diese Verstöße aufzeigen", sagte Weber, der wieder auf drei neue Plagiatsfälle gestoßen ist.

Anrufer bat um "Aufdeckung" der eigenen Arbeit

So sollen auch beide Diplomarbeiten jener Frauen, deren Dissertationen an der Uni Klagenfurt Weber schon als Plagiate entlarvt hat, seitenweise abgeschrieben worden sein. Skurril ist auch ein Fall, wo Weber von einem Mann von der Landesverteidigungsakademie gebeten wurde, eine Doktorarbeit zu prüfen. Schnell fand der Medienwissenschafter heraus, dass der Anrufer selbst der Verfasser ist und mindestens 100 Seiten aus einem anderen Dokument wortwörtlich entnommen hat.

Am liebsten würde Weber die ihm zugetragenen Fälle einer Plagiats-Aufklärungsstelle weiterleiten, doch diese gibt es nicht. Die richtige Anlaufstelle wäre das Rektorat, "doch die Frage ist, was die Uni mit solchen Hinweisen macht". Weber ortet hier sehr unterschiedliche Herangehensweisen: Während die Unis einen Verdacht eher falsifizieren würden, also zu entkräften versuchten, würde er selbst sich bemühen, den Verdacht zu verifizieren, also zu bestätigen.

Ideal wäre nach Ansicht Webers, wenn an jeder Universität und übergeordnet beim Wissenschaftsfonds FWF eine Stelle für wissenschaftliches Fehlverhalten eingerichtet würde, an die man sich im Verdachtsfall wenden kann. Und Universitäten, wo es schon bisher vermehrt Plagiatsfälle gegeben habe, sollten - so wie die Uni Klagenfurt - von sich aus rückwirkend Diplomarbeiten und Dissertationen prüfen.

Verantwortung der einzelnen Unis

In der Österreichischen Rektorenkonferenz (ÖRK) sei das Thema "im Sinne eines laufenden Erfahrungs- und Meinungsaustausches" auch Gegenstand von Beratungen. Erst bei der jüngsten Plenarsitzung der ÖRK vergangene Woche sei darüber gesprochen worden, hieß es in der Rektorenkonferenz. Allerdings würden konkrete Maßnahmen im Verantwortungsbereich der einzelnen Universitäten liegen, die ja - wie etwa in Klagenfurt, Salzburg oder Wien - bereits ergriffen worden seien.

Im Bildungsministerium gab es auf Anfrage der APA bisher noch keine Stellungnahme. Dem Vernehmen nach soll das Thema Plagiate aber auch bei den Koalitionsverhandlungen behandelt worden sein, gesetzliche Maßnahmen könnten folgen. (APA/red)