Manfred Pfeffer, Experte für Leben bei der Allianz.

Zur Person
Manfred Pfeffer (51) hat Versicherungsmathematik und Rechtswissenschaften studiert. 1976 trat Pfeffer in die damalige Wiener Allianz ein und leitete im Bereich Leben die Abteilungen Marketing und Mathematik. Derzeit ist Pfeffer im Bereich Leben für Produktentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Foto: Standard/Regine Hendrich
STANDARD: Die Österreicher sparen verstärkt für die private Vorsorge. Dennoch haben laut einer Fessel-Studie rund 1,4 Millionen Österreicher noch gar nicht vorgesorgt.

Manfred Pfeffer: Dass man mit Vorsorgeprodukten 100 Prozent der Bevölkerung erreicht, ist leider ein Traum. Ebenso, wie es nie 100 Prozent Beschäftigung geben wird. Ärgerlich ist aber das Argument, dass viele Menschen sich eine Vorsorge nicht leisten können. Für andere Bereiche wird viel Geld unnötig ausgegeben. Für den Vierfach-Jackpot wurden etwa rund 14,7 Millionen Tipps abgegeben. Dieses Geld könnte auch besser veranlagt werden.

STANDARD: In den vergangenen Tagen wurde viel über das richtige Einstiegsalter diskutiert. Ab wann soll mit einer Vorsorge begonnen werden?

Pfeffer: Prinzipiell gilt: je früher, desto besser. Aber nicht jede Versicherung macht für den jeweiligen Lebensabschnitt Sinn. Es sollte immer für die Bereiche vorgesorgt werden, die im aktuellen Lebensabschnitt als Bedrohung wahrgenommen werden. Bei einer Pflegeversicherung etwa reicht es, wenn man im fortgeschrittenen Alter beginnt, weil man dann dem Risiko näher ist. Jungen Leuten rate ich zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Denn dieses Risiko ist immer akut, und die Berufsunfähigkeitsversicherung inkludiert auch das Pflegerisiko.

STANDARD: Ein Renner sind derzeit fondsgebundene Lebensversicherungen...

Pfeffer: ...die aufgrund ihres Risikos an der Spitze der Veranlagungspyramide stehen, zur individuellen Vorsorge. Viele dieser Versicherungen werden mit einer Garantie verkauft. Das halte ich für einen Etikettenschwindel. Denn jede Garantie kostet dem Anleger Geld, und er verliert damit auch Performance. In solchen Fällen wäre eine klassische Lebensversicherung das bessere Anlageinstrument.

STANDARD: Das Angebot der Versicherungen ist groß. Was soll der Mensch wirklich versichern?

Pfeffer: Es gibt das Phänomen, dass Leute Dinge versichern, die eigentlich nicht notwendig sind. Eine Haushaltsversicherung etwa macht grundsätzlich Sinn. Oft wird aber für ein paar Euro mehr auch der Inhalt der Tiefkühltruhe mitversichert. Ein paar Euro über eine lange Laufzeit ist Geld, dass vielleicht nie in Anspruch genommen wird, weil kein Schaden eintritt. Hier stellt sich die Frage, ob es im Ernstfall nicht billiger ist, Fleisch und Gemüse selber nachzukaufen. STANDARD: Soll ein Berater nicht vor solchen "Fallen" schützen?

Pfeffer: Ich rate immer dazu, Versicherungsverträge laufend zu warten. Wir überlegen gerade ein System vergleichbar dem Autopickerl. Nach Abschluss des Vertrages soll nach drei, dann nach zwei und dann jährlich gecheckt werden, ob der jeweilige Vertrag noch zur aktuellen Lebenssituation passt.

STANDARD: Wie flexibel kann eine Vorsorge/Versicherung gestaltet werden?

Pfeffer:Eine Lebensversicherung kann beispielsweise sehr flexibel gestaltet werden. Laufzeit, Prämie und Begünstigte können laufend verändert werden. Sinn macht das Produkt aber nur, wenn langfristig angespart wird. 30 bis 50 Prozent der Verträge werden vorzeitig aufgelöst und zwar nicht, weil akuter Geldbedarf da ist, sondern weil Konsumwünsche erfüllt werden wollen. Eine Lebensversicherung ist aber kein kurzfristiges Sparprodukt. Jede Vorsorge braucht auch Disziplin. Daher sollten die monatlichen Beträge so gestaltet werden, dass sie auch finanziell verkraftbar sind.

STANDARD: Wie stehen Sie zu den erhöhten Transparenzvorschriften?

Pfeffer: Grundsätzlich bin ich für eine offene Informationspolitik. In jeder Polizze steckt jetzt auch schon viel Information. Das Problem ist, dass diese oft nicht einmal gelesen werden. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.12.2006)