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Innenminister Nicolas Sarkozy (links) and Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie bei einer parteiinternen Debatte Anfang Dezember.

REUTERS/Benoit Tessier
Folgen die Neogaullisten dem Beispiel der Sozialistischen Partei und bestimmen in einer Urabstimmung ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin? Und wenn Ja, wird es Gegenkandidaten zum populären Innenminister Nicolas Sarkozy geben? Während die Sozialisten mit Ségolène Royal bereits ihre Kandidatin haben, stehen diese beiden Fragen in der konservativen "Union für eine Volksbewegung" (UMP) im Vordergrund.

Beobachter gehen davon aus, dass Sarkozy bereits ein sicheres Ticket hat. Parteiintern, so meint Politikwissenschafterin Florence Haegel vom Pariser Forschungsinstitut CEVIPOF, habe er nichts zu befürchten: "Selbst wenn jemand gegen ihn antritt, wird sich diese Person nicht gegen Sarkozy durchsetzen können", sagt sie im Gespräch mit derStandard.at.

Paradoxer Trumpf

Einer der Trümpfe, den Sarkozy in der Hand hält, ist paradoxer Weise die Partei "Union für eine Volksbewegung" (UMP), deren Chef er seit 2004 ist. Eigentlich nämlich hatte ihm Präsident Jacques Chirac diese Position in der Hoffnung übertragen, den Innenminister so ausschalten zu können. "Chirac dachte, dass er ihn dadurch marginalisieren kann, dass er ihm das Image eines Parteipolitikers umhängt, und eines Hardliners noch dazu", so Haegel.

Allerdings ging der Schuss nach Hinten los: "Sarkozy kontrolliert im Wesentlichen die Partei", so Haegel. Neue Mitglieder stärkten dem neuen Parteichef den Rücken: "Viele traten nur bei, um Sarkozy zu unterstützen", weiß die Politikwissenschafterin. Nach seiner Wahl zum Parteichef leitete er die Arbeiten für ein Parteiprogramm ein, worauf er gerne verweise: "Er betont immer wieder zwei Dinge: Er sei bereit und hinter ihm stehe eine Partei, die ein relativ kohärentes Programm hat", so Haegel. Eben dies verleihe ihm den Eindruck der Seriosität - von Vorteil auch gegenüber seiner sozialistischen Gegenspielerin: "Er ist auch ein bisschen präziser als Ségolène Royal."

Beispiel Sozialisten?

Noch aber ist nicht klar, wie die UMP entscheiden wird, wer für sie ins Rennen geht. Würde sie sich für eine Urabstimmung entscheiden, so wäre dies eine Premiere: "Bei den Neogaullisten gibt es keine Tradition des parteiinternen Pluralismus", erklärt Haegel. Der öffentliche Druck in diese Richtung ist groß: 72 Prozent der Befragten gaben in einer Umfrage Ende November an, sie würden sich eine Urabstimmung nach dem Vorbild der PS wünschen.

Aus Sicht von Haegel ist dies auch im Interesse von Sarkozy selbst: "Es wäre besser für das Image einer demokratischen Partei. Das Sarkozy-Lager muss hier also Druck machen, dass jemand gegen ihn antritt". Deshalb scheint der Innenminister auch so darauf zu drängen, dass sich etwaige KandidatInnen bald deklarieren. Das Risiko für ihn sei wegen seiner Popularität und der Unterstützung in der Partei gering, meint Haegel.

Haken

Genau das ist auch der Haken für die konservative Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie, die ebenfalls erklärt hat, bei den Wahlen kandidieren zu wollen (derStandard.at berichtete). Hinter dieser Ankündigung stecke aber vielmehr das Kalkül, sich innerhalb der UMP als bedeutende Akteurin zu positionieren, meint Haegel. Allerdings gibt sie zu bedenken: "Diese Strategie kann aber nur dann aufgehen, wenn sie ein Minimum an Stimmen bekommt."

Die Rolle des scheidenden Präsidenten in dieser Entscheidung ist undurchsichtig. Zwar ist es ein offenes Geheimnis, dass Chirac lieber Alliot-Marie als Kandidatin für seine eigene Nachfolge sehen würde. Offen für sie deklariert hat er sich aber bislang nicht. Vielmehr sorgte er im Herbst mit der Ankündigung für eine Überraschung, eventuell noch einmal selbst antreten zu wollen. "Ich schließe für 2007 nichts aus", lautete die Formulierung, die allerdings eher eher als Seitenhieb gegen Sarkozy denn als ernsthafte Absichtserklärung gewertet wurde. Ebenfalls ersparte es sich Chirac damit, sich offen gegen den populären Innenminister zu stellen.

"Chirac ist zwar eher für Alliot-Marie, ein schlechtes Ergebnis bei einer eventuellen parteiinternen Abstimmung wäre aber auch für ihn schlecht", fasst Haegel zusammen. Nimmt man die derzeitigen Umfragen zum Maßstab, so wäre es ein sicherer Weg, um der UMP eine Wahlniederlage als Abschiedsgeschenk zu bescheren.

Bis Ende Dezember sollen sich etwaige KandidatInnen deklarieren, bei einem Parteitag am 14. Januar will die UMP ihreN KandidatIn offiziell ernennen. Sollte dies wie erwartet der Innenminister sein, so hat er auch gegenüber Royal eine gute Ausgangsposition. (Sonja Fercher/derStandard.at,19.12.2006)