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Foto: APA/dpa/Wolfgang Kumm
Vier Prozent Wachstum in den nächsten Jahren erwartet Wien - Die heimische Bauindustrie rechnet in den nächsten Jahren mit einem weiter kräftigen Wachstum und prophezeit für die nächsten zehn Jahre eine Beschäftigungslücke von bis zu 50.000 Personen. Um eine Mangelsituation am Arbeitsmarkt abzuwenden schlägt die Vereinigung industrieller Bauunternehmen Österreichs (VIBÖ) die Einführung von weiteren Arbeitsmarktkontingenten in Höhe von "einigen tausend" Personen vor und plädierte für eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit.

Für das laufende Jahr Jahr erwartet die Branche eine Steigerung der Bruttowertschöpfung um real vier Prozent und um zwei Prozent mehr Beschäftigte. "Und wir sind überzeugt, dass wir in den nächsten vier Jahren jeweils zwischen drei und fünf Prozent wachsen werden", sagte VIBÖ-Chef Horst Pöchhacker am Donnerstag.

Vor diesem Hintergrund will die Industrie eine "kontrollierte Öffnung der Arbeitsmärkte" sowie erweiterte Arbeitszeitmodelle, die es erlauben, im Sommer geleistete Überstunden in den Wintermonaten zu konsumieren. Auf diese Weise würde es ermöglicht, die traditionelle Winterarbeitslosigkeit am Bau zu verringern und ein Ganzjahres-Arbeitsverhältnis zur Regel zu machen.

Warnung vor Black-outs

Pöchhacker, der auch Chef des zweitgrößten heimischen Baukonzerns Porr ist, warnte weiters davor, dass fehlende Baumaßnahmen zu Versorgungsschwierigkeiten mit Strom und häufigeren Black-outs führen werden. In der E-Wirtschaft habe sich in den letzten 20 Jahren eine "Bedarfslücke" von 15 Mrd. Euro aufgestaut. In diesem Zusammenhang forderte Pöchhacker schnellere Verfahren: "Wir haben ein riesiges Genehmigungspotenzial, das ungedeckt ist".

Bürgerinitiativen, die mit illegalen Mitteln korrekt beschlossene und für die Allgemeinheit wichtige Bauvorhaben behinderten, sollten für den von ihnen angerichteten Schaden haftbar gemacht und schadenersatzpflichtig gemacht werden, forderte Pöchhacker. Die Übernahme eines Ministeramts in der nächsten Regierung schloss der Porr-Chef aus.

Ausdehnung des Stundenrahmens

In Sachen Flexibilisierung will die Bauindustrie künftig mehr Überstunden auf die beiden "Stehmonate" im Winter übertragen können. Derzeit können nur 150 Stunden sozusagen angespart und auf den Jänner übertragen werden, "mit 250 Stunden könnten wir auch den Februar erreichen", glaubt man im Branchenverband der Bauindustrie. Darüber hinaus wollen die Arbeitgeber eine "Vereinfachung" der Modelle, mit denen die angesammelten Überstunden angerechnet und übertragen werden.

Dass die derzeit möglichen 150 Stunden bisher nur selten ausgenutzt wurden, liege an der schlechten Konjunktursituation in der Vergangenheit, aber die aktuelle Lage "ist anders, es gibt eine große Nachfrage und ein starkes Wachstum." Auch der Vorschlag zur kontrollierten Öffnung der Grenzen werde ihn bei der Gewerkschaft "nicht populär machen", ist er sich bewusst, aber "es ist volkswirtschaftlich besser, die Voraussetzungen für starkes Wachstum zu schaffen als dieses abzubremsen, weil die Rahmenbedingungen nicht vorhanden sind."

Schadenersatz-Forderungen

Zu möglichen Schadenersatz-Forderungen meinte Pöchhacker, es sei Aufgabe der Politik, gegen die Verhinderung von im Allgemeininteresse notwendiger Projekte vorzugehen. Umweltverträglichkeitsprüfungen und Bürgerbeteiligung solle es selbstverständlich geben, "aber in einem vernünftigen Ausmaß". Bei der Forderung nach Schadenersatz von Gegnern von Bauprojekten gehe es ihm primär um die "abschreckende Wirkung": "Ich kann ja auch nicht irgendwo in ein Haus hineingehen, das mir nicht gehört."

Pöchhacker sprach sich dafür aus, auch innerhalb der Bauwirtschaft Schritte gegen die Verhinderung von Projekten zu setzen - immer wieder verhindern ja Einsprüche von in einer Ausschreibung unterlegenen Baugruppen den Beginn von öffentlichen Arbeiten. Als Porr-Chef (und nicht als VIBÖ-Präsident) schlug Pöchhacker höhere Selbstbehalte bzw. Schadenersatzzahlungen im Fall von (verlorenen) Klagen vor.

Der Porr-Manager nahm auch zur Nordautobahn A5 Stellung, bei der die Bauarbeiten demnächst aufgenommen werden können. Wie berichtet hat die Baugruppe Akor, der auch die Porr angehört, ihren Einspruch zurückgezogen, über eine Beteiligung der Akor am siegreichen Konsortium Bonaventura wird im Jänner diskutiert. Es seien noch keine konkreten Vereinbarungen getroffen worden, beteuerte Pöchhacker.

Bei einer größeren Verschleppung des Bauprojekts wäre man womöglich vom Modell einer gemischt öffentlich-privaten Finanzierung abgegangen, glaubt man in der Bauwirtschaft: "Wenn dieses Parade-PPP-Projekt nicht stattfindet, wird es so schnell kein weiteres geben." (APA)