Vermummte Milizionäre zogen am Montag weiterhin durch die Straßen von Gaza, aber eine Art Stillhalteabkommen, auf das Hamas und Fatah sich in der Nacht mit ägyptischer Vermittlung geeinigt hatten, hatte doch eine Beruhigung bewirkt. Es war ausgerechnet ein Vertreter der radikalen Gruppe Islamischer Djihad, der vor der Presse einen „sofortigen Waffenstillstand“ verkündete. In dem Dokument sind die „Beendigung jeder bewaffneten Aktivität“ und der „Abzug der Waffen tragenden Elemente aus den Straßen“ vorgesehen, die Sicherheitskräfte sollten „in die Stellungen zurückkehren, die sie vor den Unruhen besetzt haben“.

In den Morgenstunden kam es dann abermals zu Schießereien, eine davon in der Nähe der Residenz von Präsident Mahmud Abbas, eine andere beim Haus von Mahmud Dahlan, einem prominenten Ex-Minister, der als starker Mann der Fatah in Gaza und als möglicher Präsidentschaftskandidat gilt. Dahlan war von der Hamas beschuldigt worden, hinter einem Angriff auf den Fahrzeug-Konvoi von Premier Ismail Haniyeh zu stehen. Insgesamt schienen die schweren Straßenkämpfe und die Feuergefechte von Dach zu Dach, die am Wochenende im Gazastreifen bürgerkriegsähnliche Ausmaße angenommen hatten, aber aufgehört zu haben.

Offiziell bereitet Abbas weiterhin die vorgezogenen Wahlen vor, die er am Samstag angekündigt hat. „Wir müssen den Volkswillen prüfen“, sagte Abbas am Montag in Ramallah in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Premier Tony Blair. „Meine Aufgabe ist es, ein Ende des Leidens des palästinensischen Volkes zu finden, und ich bin entschlossen weiterzumachen.“ Demonstrativ hatte Abbas am Abend davor den Leiter der Wahlbehörde, Hanna Nasser, zu sich gerufen, um die Prozedur abzuklären. Dieser teilte dann mit, nach einem formalen Erlass würden noch einmal 120 Tage nötig sein, um den Urnengang zu organisieren.

Patt auch nach Wahlen

Aber allen schien klar, dass die Wahlen kaum durchführbar sein werden, weil die Hamas sie offenbar nicht nur boykottieren, sondern sogar aktiv verhindern will. Dem Hamas-Sprecher Ghazi Hamed zufolge hat Abbas „keine andere Wahl“, als Gespräche über eine gemeinsame Regierung fortzusetzen, weil sich auch nach Neuwahlen abermals ein Gleichgewicht der Kräfte ergeben würde. Blair sicherte Abbas volle Unterstützung zu, weil die Hamas jedem Fortschritt im Weg gestanden sei: „Jetzt ist es Zeit, dass die internationale Gemeinschaft reagiert.“ (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 19.12.2006)