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Das Okapi: seit 1901 kein Kryptid mehr, sondern eine wissenschaftlich erfasste Spezies aus dem zentralafrikanischen Regenwald. Damals war der Beweis seiner Existenz eine Sensation - seitdem wurde nie mehr ein so großes landlebendes Tier entdeckt wie dieser Giraffen-Verwandte.

Foto: APA/EPA/DANIEL DEME

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Flop: Die vietnamesische Spiralhornantilope Pseudonovibos schien sich in den 90ern zu einer ähnlichen Sensation zu entwickeln. Beweise für ihre Existenz blieben aber aus, und einige der gefundenen Hörner erwiesen sich als künstlich in Spiralform zugeschliffene Rinderhörner: Beweis für clevere Geschäftemacherei mit Souvenirs, allerdings noch keine Widerlegung der Existenz eines realen Vorbilds.

Foto: APA/EPA PHOTO AFP/OFF/MP/w

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Top: Riesenkalmare der Familie Architeuthis wurden lange Zeit als Märchen abgetan. Im 20. Jahrhundert mehrten sich Beweise ihrer Existenz: zunächst wurden nur die Überreste toter Tiere gefunden, 2004 konnten erstmals Aufnahmen eines lebenden Architeuthis gemacht werden.

Foto: AP Photo/HO, National Science Museum

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Modell eines Pterosauriers: Die flugfähigen Echsen lebten von vor etwa 215 Millionen Jahren bis vor 65 Millionen Jahren, als sie zusammen mit den Dinosauriern ausstarben. Ihr Körperbau scheint aber Vorbild für Legenden in verschiedenen Weltregionen gewesen zu sein: etwa den Kongamato Afrikas oder den Ropen Papua-Neuguineas.

Foto: APA/DPA/Wolfgang Thieme

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Europasaurus: Mit einer Körperlänge von höchstens sechs Meter war er der vielleicht kleinste Sauropode aller Zeiten (zum Vergleich: Argentinosaurus mit 40 Metern der größte) und gibt einen guten Eindruck davon, wie man sich Mokele-mbembe, den legendären Urwaldbewohner Zentralafrikas, vorzustellen hätte.

Foto: AP/Dinopark Munchehagen

Vorneweg: Keine Angst – dies ist der letzte Satz, in dem Nessie und Bigfoot in diesem Artikel vorkommen werden. Denn die Welt der Kryptiden – also der hypothetischen beziehungsweise (noch) unbekannten Tiere – hält viel, viel mehr bereit. Zum Beispiel Emela-ntouka, ein riesenhaftes Reptil mit Stirnhorn, das im Gebiet des Kongo leben und seinen Namen ("der Elefantentöter") seinem aggressiven Revierverhalten verdanken soll. Oder Zamba zaraa: eine Igel-ähnliches Tier in der Wüste Gobi, das sich zur Verteidigung auf ein Vielfaches seiner normalen Körpergröße aufblasen können soll.

Noch vieles zu entdecken

Doch von vorne: Kryptozoologie, wörtlich übersetzt die "Lehre von den verborgenen Tierarten", ist die Disziplin, die sich mit unbekannten und wissenschaftlich nicht belegten Spezies befasst. Im Prinzip ein weites Forschungsfeld: Etwa 1,5 Millionen Tierarten sind heute bekannt; über die noch nicht erfassten Arten gibt es nur Schätzungen, sie gehen bis zum Zehnfachen dessen, was bekannt ist. – Allerdings gehören die weitaus meisten dieser real existierenden Spezies "unspektakulären" Gattungen an: vor allem Insekten, Spinnen und andere Klein- und Kleinsttiere, und die interessieren Kryptozoologen nicht wirklich.

Denn die Kryptozoologie hegt eine ausgeprägte Lust an der Größe; eine Widerspiegelung dessen, dass der Mensch selbst zu den Großen im Tierreich zählt und seine Wahrnehmung auf ähnlich Dimensioniertes fokussiert ist. Nach oben allerdings gibt es keine Grenzen: Riesensalamander, Riesenfledermäuse, Riesenaffen, Riesenkraken – das ist der Stoff, aus dem Kryptozoologen-Träume gewoben sind. Und manchmal werden sie wahr: wie 2004 durch die Sichtung eines lebenden Riesenkalmars; die Bilder dazu gingen ein Jahr später um die Welt.

Untergruppen von Kryptiden

Noch nicht klassifizierte Verwandte von heute lebenden Spezies bilden die erste Untergruppe von Kryptiden. Dazu gehören etwa Marozi, ein leopardenhaft gefleckter Löwe, der in Ostafrika leben soll, oder Sucuriju, eine 20 Meter lange Riesen-Anakonda im südamerikanischen Dschungel. Die Chance auf Entdeckungen scheint in dieser Untergruppe noch am größten; zumindest wenn man nicht gerade auf Giganten-Funde hofft.

Eine weitere Untergruppe bilden Tiere, die tatsächlich gelebt haben, aber bereits ausgestorben sind – oder die zumindest in ihrem angeblichen Erscheinungsbild sehr stark an solche Spezies erinnern. Insbesondere Tiere, die mit der letzten Eiszeit verschwunden sind, finden sich hier wieder: So kreisen laut Legende Angehörige der Teratornis-Familie mit Flügelspannweiten bis zu fünf Meter noch immer als "Donnervögel" über der nordamerikanischen Prärie, pflügt Megalodon, ein 15 Meter langer Cousin des Weißen Hais, durch den Ozean und macht der Riesenwaran Megalania das australische Outback unsicher.

Lebende Dinosaurier

Es geht aber noch wesentlich weiter in der Evolution zurück: Eines der bekanntesten Beispiele ist Mokele-mbembe, ein laut Pygmäen-Überlieferung elefantengroßer Pflanzenfresser mit langem Hals und Schwanz, der in den unzugänglichen Sümpfen des Kongo-Beckens leben soll. Kryptozoologen entwickelten aus der Beschreibung die Theorie eines überlebenden Sauropoden, also eines Angehörigen jener Dinosaurier-Familie, zu der Giganten wie Diplodocus und Brachiosaurus zählten – Mokele-mbembe hingegen wäre der Zwerg der Familie, noch kleiner als der kleinste bislang bekannte Sauropode, der tatsächlich gelebt hat: der "nur" sechs Meter lange Europasaurus.

Und auch die fliegenden Zeitgenossen der Sauropoden, die Pterosaurier, haben sich irgendwie in menschliche Legenden herüber gerettet: Der Kongamato wurde von den Ureinwohnern Zambias als große fliegende Kreatur ohne Federn und mit einem Schnabel voller Zähne beschrieben, die auch Menschen angreife. Und der im Körperbau ähnliche Ropen Papua-Neuguineas soll gar über Biolumineszenz verfügen.

--> Die vielen Gesichter des Nandi-Bären

Die vielen Gesichter des Nandi-Bären

Irgendwo zwischen den beiden genannten Gruppen liegt vorerst der Nandi-Bär, benannt nach dem Nandi-Volk in Kenia: Hier weichen die Beschreibungen des Tiers soweit voneinander ab, dass es sich tatsächlich um einen unbekannten Bären handeln könnte (was ihn immerhin zum einzigen Vertreter seiner Familie im gänzlich bärenlosen Afrika machen würde), aber auch um eine unbekannte große Hyänen- oder gar Pavianart. Beide Tierfamilien brachten in der Vergangenheit Arten hervor, die beträchtlich größer als ihre heute noch lebenden Verwandten waren.

Am originellsten ist aber eine Theorie, die den Nandi-Bären für ein überlebendes Chalicotherium hält. Chalicotherien waren nahe Verwandte der Pferde, die allerdings statt Hufen Klauen und stark verlängerte Vorderläufe aufwiesen und sich, auf ihre Knöchel gestützt, in Gorilla-Manier bewegten. Wahrscheinlich konnten sie sich auch auf ihren Hinterbeinen aufrichten ... womit die Bären-Ähnlichkeit ins Spiel käme. Die Chalicotherien starben aber spätestens mit der Eiszeit aus, alles andere wäre mehr als nur eine Überraschung. Und einen weiteren Haken hat die ansonsten reizvolle Theorie auch noch: Fast alle Meldungen über eine angebliche Begegnung zwischen Mensch und Nandi-Bär sprechen von einem Fleischfresser; die großen Chalicotherien hingegen fraßen das Laub, das heute Giraffen abweiden.

Der Stoff, aus dem die Mythen sind

Sieht man ab von "gewöhnlichen" Tieren, die bloß an Orten gesichtet worden sein sollen, an denen sie eigentlich nicht vorkommen dürften (siehe etwa die explosionsartige Zunahme angeblicher Panther-Sichtungen in Großbritannien), bleibt noch eine vierte Untergruppe von Kryptiden: solche, deren Beschreibung auf keinerlei Verwandtschaft zu irgendeinem bekannten Tier hinweist, und biologisch unmögliche Mischformen verschiedener Lebewesen. Hier begibt sich die Kryptozoologie endgültig auf das Feld des Phantastischen; denn auch wenn es dem Ruf der Disziplin nicht förderlich ist, werden selbst obskure Legenden auf einen möglichen Wahrheitsgehalt abgeklopft.

Wie zum Beispiel die vom "Ziegensauger" Chupacabra: Diese von Hunde- bis fast Menschengröße reichende vampirische Lebensform soll im Süden der USA, in Mexiko und auf den karibischen Inseln umgehen, Stacheln auf dem Rücken tragen und je nach erzählter Sichtung Körpermerkmale eines Kängurus ebenso wie eines Chamäleons aufweisen.

Sei abschließend noch der berühmt-berüchtigte Mottenmann bzw. "Mothman" erwähnt. Dass er heute längst Teil der amerikanischen Populärmythologie geworden ist, geht letztlich auf einige wenige Beschreibungen einer grauen menschenähnlichen Kreatur mit Flügeln und riesigen rotglühenden Augen aus den 60er Jahren zurück. Der Schauplatz des angeblichen Geschehens, die Stadt Point Pleasant in West Virginia, hat dem mysteriösen Besucher zu Ehren (und dem Tourismus zu Gunsten) eine überlebensgroße Statue des Mottenmannes errichten lassen und hält ein jährliches Mothman-Festival ab.

Auf Kryptiden-Safari im WWW

... soweit ein allgemeiner Überblick über das weite Feld der Kryptozoologie und ihre liebsten Forschungsobjekte. Im Anhang befinden sich einige Links zu Websites, die sich mit dem Thema in umfassender und übersichtlicher Weise befassen – diese sind ihrerseits hervorragend als Startseiten für weiterführende Lektüre geeignet. (Josefson)