Wer sich vor einem Jahr in den dichten Paragrafenbestand des neuen Fremdenpakets hineinversenkte, konnte ahnen, was alles an Problemen auf binationale Paare, Asylwerber - ja auf Fremde überhaupt - zukommen würde. Jetzt sind die Regelungen seit Jahresbeginn 2006 - also seit zwölf Monaten - in Kraft, also weiß man es. Doch Abhilfe scheint ebenso weit entfernt zu sein wie damals.

Vielmehr demonstriert die überwiegende Mehrheit der parteipolitischen Kräfte im Land - ÖVP, SPÖ und rechts davon natürlich auch - Zustimmung zu einer Situation, die die freie Wahl des persönlichen Lebensstils von der Staatsangehörigkeit abhängig macht: Wer als Österreicher einen Nicht-EU- Ausländer liebt, kann es sich gar nicht mehr aussuchen, ob er (oder sie) vor dem Standesbeamten Ja sagen möchte oder vielleicht doch lieber unverbindlich zusammenleben will. Ohne Eheschließung sinkt die Chance auf legale Niederlassung in Österreich unter null - und auch nach einer Heirat besteht die Gefahr einer zwangsweisen Trennung durch die Fremdenbehörden, wie mehrere Fälle in diesem Jahr zeigten.

Ob eine solche Benachteiligung dem Recht auf Familienleben laut Menschenrechtskonvention widerspricht, werden Höchstgerichte entscheiden - wahrscheinlich im kommenden März. Mag sein, dass den zahlreichen Verteidigern des Fremdenrechts dann ein unbequemes Erwachen ins Haus steht. Doch ebenso unsanft könnte das Erwachen in einem fremdenrechtlichen Problembereich sein, der der Öffentlichkeit bisher nicht so bekannt ist wie jener der grenzenlosen Ehen: bei der Schubhaft für Asylwerber, die im Vergleich mit Zeiten vor dem Fremdenpaket fünfmal öfter ausgesprochen wird. Hier geht es um ein anderes Grundrecht: jenes der persönlichen Freiheit. (Irene Brickner, DER STANDARD - Printausgabe, 23./24./25./26. Dezember 2006)