Kairo/Tel Aviv/Brüssel/Wien (APA/dpa) - In der arabischen Welt hat die Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein in einigen Teilen Wut und Empörung ausgelöst. Die meisten Länder schwiegen jedoch zunächst. Entrüstung herrschte vor allem darüber, dass Saddam zu Beginn des islamischen Opferfestes Eid Al-Adha durch den Strang starb.

In Saudi-Arabien kritisierte ein Kommentator der Staatsagentur SAP, der Prozess sei politisch gewesen, die Vorwürfe seien nicht ausreichend untersucht worden. In Saudi-Arabien befinden sich die heiligen Stätten Mekka und Medina, an denen am Samstag knapp drei Millionen Gläubige auf Pilgerfahrt waren.

Die in den Palästinensergebieten regierende radikal-islamische Hamas-Bewegung verdammte die Urteilsvollstreckung als "verbrecherisches politisches Attentat" auf Saddam. "Der Zeitpunkt der Hinrichtung wurde absichtlich gewählt, um Arabern und Muslimen zu schaden", erklärte die Organisation. Das palästinensische Parlament sprach am Sonntag von einem "schrecklichen Verbrechen". Palästinenserpräsident Mahmud Abbas äußerte sich nicht.

Mitglieder verschiedener palästinensischer Fraktionen errichteten im Gazastreifen mehrere Trauerzelte für Saddam. Für die Palästinenser galt der Ex-Diktator seit dem Golfkrieg von 1991 als Volksheld, weil er damals Israel mit zahlreichen Scud-Raketen angegriffen hatte.

Das ägyptische Außenministerium kritisierte ebenfalls den Zeitpunkt der Hinrichtung. Die Gefühle der Muslime während der derzeitigen Pilgerfahrt, "die einen Moment der Vergebung" darstelle, seien nicht berücksichtigt worden.

Libyen ordnete am Samstag eine dreitätige Staatstrauer für den hingerichteten "Kriegsgefangenen Saddam Hussein" an. Die grüne libysche Nationalflagge wurde auf Halbmast gesetzt, alle geplanten Feste und Feierlichkeiten wurden abgesagt, wie die staatliche Nachrichtenagentur JANA berichtete.

Saddams Ende war vorhersehbar

Der israelische Vize-Ministerpräsident Shimon Peres hat die Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein am Sonntag mit dem Ende Adolf Hitlers verglichen. Der Tod von Saddam, der eine Gefahr für den Nahen Osten und den Weltfrieden dargestellt habe, sei wie der Hitlers vorhersehbar gewesen, sagte Peres nach Angaben des israelischen Online-Nachrichtendienstes "ynet".

Hussein sei ein Diktator, der für drei Kriege sowie den Tod von mehr als einer Million Menschen verantwortlich gewesen sei, erklärte der Friedensnobelpreisträger. "Es bestand eine historische Pflicht, diese Diktatur zu beenden, er hat sein Ende selbst über sich gebracht."

Ferrero-Waldner: EU lehnt Todesstrafe ab

Zurückhaltender als ihr Kommissarskollege Louis Michel, der von einem "barbarischen" Akt gesprochen hatte, hat EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner auf die Hinrichtung des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussen reagiert. "Während die EU die Todesstrafe grundsätzlich ablehnt, bedeuten das Gerichtsverfahren und die Bestrafung von Saddam, dass jene, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, der Gerechtigkeit nicht entgehen können", heißt es in einer am Sonntag in Brüssel veröffentlichten Aussendung Ferrero-Waldners

Der Tod Saddams "beschließt ein langes und schmerzvolles Kapitel in der Geschichte des Irak", so die frühere österreichische Außenministerin. "Seine Karriere und sein Erbe zeigen die Sinnlosigkeit einer Politik von Gewalt und Terror." Ferrero-Waldner äußerte die Hoffnung, dass die politischen Führer des Irak nun weise und mutig genug sein werden, die Kräfte für eine Beendigung der Gewalt zu bündeln. "Die Europäische Kommission wird jene aktiv und substanziell unterstützen, die für Versöhnung und Fortschritt im Irak tätig sind", betonte Ferrero-Waldner.

Kein Märtyrer

Michel hatte am Samstag mit scharfen Worten auf die Hinrichtung von Saddam reagiert. "Man kann Barbarismus nicht mit Mitteln bekämpfen, die genauso barbarisch sind", sagte der belgische EU-Kommissar und fügte hinzu: "Die Todesstrafe ist mit einer Demokratie nicht vereinbar." Saddam verdiene es nicht, zu einem Märtyrer zu werden. Der scheidende EU-Ratsvorsitzende und finnische Außenminister Erkki Tuomioja sagte, die Todesstrafe hätte auch im Fall Saddams nicht angewandt werden dürfen. Es gebe auch "ernsthafte Einwände" gegen das Gerichtsverfahren.