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Sieht mit Alitalia und der griechischen Olympic Airlines derzeit zwei Sorgenkinder in der internationalen Luftfahrt: Der Chef des Weltluftfahrtverbandes Iata, Giovanni Bisignani.

Zur Person
Giovanni Bisignani (60) ist seit Juni 2002 Generaldirektor und CEO der Iata. Bisignani hatte für fünf Jahre die Position als CEO und Managing Director der Alitalia inne, wo er schon dem Executive Committee des Weltluftfahrtverbandes angehörte und auch Chairman der Vereinigung der europäischen Fluglinien war.

Foto: AP/Shizuo Kambayashi
STANDARD: 2006 wurden weltweit zwei Milliarden Fluggäste befördert. Wie war das Jahr für die Luftfahrt?

Bisignani: Es war ein gutes Jahr. Sicher, die Branche hat 500 Millionen US-Dollar Verlust gemacht, aber in Anbetracht dessen, dass wir uns von 41 Milliarden US-Dollar Verlust erholen, ist das sehr gut. Noch dazu mit einer Bürde von zusätzlichen 22 Milliarden US-Dollar Treibstoffkosten, die heuer insgesamt 120 Milliarden Dollar ausmachen. Nach sechs Jahren roter Zahlen bewegen wir uns in die richtige Richtung. Die Erholung ist aber fragil, 2007 wird schwierig.

STANDARD:Wie viele Fluglinien sind wirklich finanziell gut aufgestellt?

Bisignani: Es hängt davon ab, wie sie es betrachten. Tatsache ist, wir haben nicht viele, die ein zweistelliges Ebit (Gewinn vor Zinsen und Steuern, Anm.) erreichen, und nur wenige können ihre Kapitalkosten zurückzahlen. Viele haben nur fünf Prozent Ebit und das ist nicht genug. Andere Firmen wie Microsoft haben 38 Prozent Marge, manche Flughäfen erreichen bis zu 60 Prozent, die besten Airlines aber nur zehn Prozent Marge. Für 2007 ist erstmals seit 2000 wieder ein Profit vorgesehen, insgesamt 2,5 Milliarden USDollar. Aber das sind Peanuts, denn bei Einkünften der Airlines von 450 Milliarden Dollar ist das lediglich eine Marge von 0,5 Prozent.

STANDARD:Sind Billigfluglinien das Nonplusultra?

Bisignani: Ich weiß, Low-Cost-Airlines haben Sex-Appeal. Aber nur fünf von den 35 Low-Cost-Airlines in Europa machen Gewinne. Der Abstand zwischen den klassischen Fluglinien zu den Billigfluglinien wird kostenseitig immer kleiner.

STANDARD:Wie sollen Airlines mit niedrigen Ticketpreisen die Rendite erhöhen, wo kann denn noch gespart werden?

Bisignani: Wir sind dabei, effizienter zu werden und haben Großartiges vollbracht. Flugzeuge sind heute 70 Prozent treibstoffeffizienter als vor 40 Jahren. Moderne Flugzeuge benötigen pro Passagier 3,5 Liter auf hundert Kilometer. Die Einführung von elektronischen Tickets spart viel Geld. Doch dann verkündete kürzlich der britische Flughafenbetreiber BAA eine Erhöhung der Gebühren um bis zu 50 Prozent. Das bedeutet, dass unsere Fluglinien binnen zwei Tagen mehr zu zahlen haben als wir in zwei Jahren verdienen. Diesen Wahnsinn müssen wir stoppen.

STANDARD: Sie sagen, es gibt nach wie vor zu viele Fluglinien. Sind Fusionen notwendig?

Bisignani: Absolut. 1500 Fluglinien sind viel zu viel. Aufgrund 60 Jahre alter Regelungen ist eine Konsolidierung fast nicht möglich, Fusionen werden erschwert. Man muss den Airlines mehr Möglichkeiten geben. Eine Fluglinie etwa, welche durch eine Fusion ihre nationale Identität verliert, verliert auch die Streckenrechte. Dieses alte System ist nicht mehr realistisch für eine globale Industrie wie es Airlines sind. Und ich sehe leider keine Veränderungen.

STANDARD: Welche Fluglinien sind Sorgenkinder der Iata?

Bisignani: Wir haben zwei Probleme in Europa: Alitalia und Olympic Airlines. Ich sehe übrigens keinen einzigen Interessenten, der Alitalia kaufen möchte.

STANDARD: Kann eine Fluglinie wie Austrian Airlines mit 1,7 Milliarden Euro Schulden wieder aus dem Dilemma herauskommen?

Bisignani: Wir haben und hatten viele Fluglinien in finanziellen Schwierigkeiten, vor allem in den USA. Dort wurden 45 Milliarden US-Dollar Verluste gemacht, nun gibt es wieder operative Margen. 2001 bis 2005 wurde in den USA ein Viertel der Kapazität reduziert, 40 Prozent der Belegschaft arbeitet heute um ein Drittel produktiver, Streckennetze wurden verändert usw. Das sind schmerzliche Erfahrungen für viele Fluglinien. (Kurt Hofmann, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.1.2007)