Wien - Die Flugrettung klagt über nicht bezahlte Einsätze für Hubschraubereinsätze: Vor allem in Niederösterreich ist der Ausfall besonders hoch, fast jeder zweite Flug werde nicht abgegolten, so der ÖAMTC. Der Grund liege im dortigen Rettungsleitsystem und in den laut ÖAMTC veralteten Verrechnungsmodalitäten. Der Club fordert daher eine Mindestpauschale für Patiententransporte.

Einsätze von Flugrettern werden im Nachhinein von den Sozialversicherungen bewertet. Ist bzw. war der Verletzungsgrad laut Chefarzt nicht schwer genug, werden keine Kosten erstattet, schilderte der Chef der ÖAMTC-Flugrettung, Kurt Nordberg, am Mittwoch. Der Organisation kommt das teuer, weil Verletzungen am Einsatzort oft schwerwiegender aussehen, als sie im Nachhinein eingestuft werden.

Flug nicht abgegolten

Nordberg brachte in diesem Zusammenhang ein Beispiel aus Niederösterreich, bei dem ein Kind von einem Hund in den Kopf gebissen worden war: Die Flugretter brachten das blutüberströmte Opfer auf schnellstem Wege ins Krankenhaus, wo sich unter dem Röntgengerät herausstellte, dass die Schädeldecke glücklicherweise unversehrt geblieben war. Für das Kind eine gute Nachricht, fürs Budget der gelben Engel eine schlechte: Der Flug wurde nicht abgegolten.

Ärger macht den Flugrettern auch die so genannte Notrufdisposition, also die Entscheidung darüber, ob ein Krankenwagen, ein Notarzt oder ein Rettungshubschrauber zu einem Anrufer gelotst wird. Probleme beschert den gelben Engeln dabei vor allem die NÖ Rettungsleitstelle LEBIG, die laut Nordberg mit einem neuen System den Anrufern sehr oft einen Rettungshubschrauber zuteile, obwohl keiner nötig wäre. In diesem Bundesland habe man daher einen finanziellen Ausfall von rund 50 Prozent zu verzeichnen, so Nordberg. Im übrigen Österreich liegt diese Quote bei weniger als einem Drittel.

Gesprächsrunde zwischen ÖAMTC und LEBIG im Jänner

Hinsichtlich der Einsätze von Notarzthubschraubern in Niederösterreich werde im Laufe des Jänners eine Gesprächsrunde zwischen dem ÖAMTC und der NÖ Rettungsleitstelle LEBIG abgehalten. Nach Angaben von LEBIG-Sprecher Stefan Spielbichler am Mittwoch solle dabei die Frage nach einer Veränderung der "Ausrückeordnung" erörtert werden. Ziel sei, diese so festzulegen, dass "der ÖAMTC seine Einsätze besser finanzieren kann."

Grundsätzlich sei aber zwischen einem rettungstechnisch-medizinischem Fehleinsatz und einem nicht verrechenbarem Einsatz zu unterscheiden. Etwa bei 15 Prozent der Einsätze sei 2006 in Niederösterreich kein Transport mit einem Notarzthubschrauber erforderlich gewesen. Die für den ÖAMTC nicht verrechneten Einsätze - nach ÖAMTC-Angaben 50 Prozent - implizieren nicht, dass dabei kein Patient befördert oder zu Schaden gekommen sei, sagte Spielbichler.

In Arbeitsgruppen solle nun der Frage nachgegangen werden, wann ein Einsatz bodengebunden oder geflogen erfolgen soll. Es gelte dabei, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Kosten von 2,5 Millionen Euro

Insgesamt haben die österreichweit nicht bezahlten Einsätze den ÖAMTC und seine Partner Uniqua und Generali im Jahr 2006 rund 2,5 Millionen Euro gekostet, bilanzierte Nordberg. Er forderte eine Mindestpauschale für Transporte, damit die Flugrettungsbetreiber nicht gänzlich ohne Entgelt auf den Einsatzkosten sitzen bleiben.

Alles in allem flogen die Christophorus-Notarzthubschrauber des ÖAMTC von ihren 16 Stützpunkten im Vorjahr 16.414 Einsätze. Rund 80 Prozent der Rettungsflüge waren so genannte Primäreinsätze, bei denen die Notfallcrew direkt zum Unfallort gerufen wurde. Die übrigen Rettungsflüge waren jeweils zur Hälfte Überstellungsflüge zwischen Krankenhäusern bzw. Fehleinsätze.

Fast ein Drittel aller Primäreinsätze flog die ÖAMTC-Flugrettung in Niederösterreich ( 5.405 Einsätze), gefolgt von Tirol (2.496) und der Steiermark (1.961). Mit 1.727 Alarmierungen hatte die Crew des Wiener Notarzthubschraubers Christophorus 9 am meisten zu tun, auf Platz zwei und drei liegen Christophorus 2 in Krems mit 1.666 und Christophorus 3 in Wiener Neustadt mit 1.284 Einsätzen.

Weitere Betreiber von Flugrettungen

Neben der Christophorus-Flotte des ÖAMTC gibt es in Kärnten und Tirol auch noch andere Betreiber von Flugrettungen. Diese klagen nicht über Probleme mit der Finanzierung: "In Kärnten und Tirol gibt es kein Problem mit der Disponierung der Rettungsleitstellen", erklärte Jörg Baudach, Geschäftsführer der ARA-Flugrettungs GmbH, auf Anfrage der APA. Deshalb sei die Zahl der nicht verrechenbaren Einsätze bei weitem nicht so dramatisch wie in Ostösterreich. Die ARA, eine 100 Prozent-Tochter der deutschen Rettungsflugwacht, hat in Kooperation mit dem Roten Kreuz je einen Rettungshubschrauber in Fresach in Kärnten und in Reutte in Tirol stationiert.

Das Salzburger Hubschrauberunternehmen Knaus Helicopter flog in Tirol - Standorte sind in Karres und Obergurgl im Bezirk Imst - im Vorjahr mit Martin 2 und Martin 8 rund 800 Einsätze. Davon waren laut Firmenchef Roy Knaus etwa zwei Prozent Fehleinsätze. Diese würden finanziell "nicht besonders ins Gewicht fallen".

Die SHS Helicopter Transporte verzeichnete im vergangenen Jahr mit Heli 1, Heli 3 und Heli 4 - Standorte sind Waidring (Bezirk Kitzbühel), Kufstein/Langkampfen (Bezirk Kufstein) und Kaltenbach (Bezirk Schwaz) - 1.800 Einsätze. Die Fehleinsätze lagen nach Angaben eines Sprechers "weit unter zehn Prozent".

Alle 14 in Tirol stationierten Rettungs- bzw. Notarzthubschrauber werden zentral durch die Integrierte Landesleitstelle (ILL-Leitstelle Tirol) alarmiert und disponiert. (APA)