Wien - Das Jahr 2007 könnte ein "Jahr der Extreme für die Kapitalmärkte" werden. Die Finanzexperten der Raiffeisen Zentralbank (RZB) erwarten ein turbulentes Jahr speziell für die internationalen Aktienmärkte. Die RZB-Analysten rechnen mit deutlichen Korrekturen im ersten Halbjahr. So könnten die Kurse in den USA um 6 bis 10 Prozent nachgeben, für Osteuropa wird das "Korrekturpotenzial" mit bis zu 15 Prozent angegeben. Gegen Jahresende sollten sich die meisten Kurse aber wieder erholen.

"Anleger sollten nicht noch verzweifelt auf den Börsezug aufspringen, sondern die Langfristigkeit einer Aktienveranlagung in den Vordergrund stellen", sagte RZB-Chefanalyst Peter Brezinschek am Mittwoch vor Journalisten in Wien. Es werde im ersten Halbjahr noch günstigere Einstiegsgelegenheiten geben als heute. RZB-Experte Helge Rechberger sieht das größte Kurspotenzial in Osteuropa, Japan oder aufstrebenden Emerging Markets und empfiehlt am ehesten defensive Aktien.

Die RZB-Anlageexperten haben den Aktienanteil im Musterportfolio der Bank daher zurückgenommen. Dieser Anteil wurde zum Jahresende bereits von 56 auf 50 Prozent reduziert, schrittweise soll der Anteil auf 40 Prozent sinken. Im Gegenzug erhöht die RZB den Rentenanteil von 39 auf 45 Prozent. Fünf Prozent entfallen auf Alternative Investments.

"Sanfte Landung"

Die wichtigsten Eckpunkte der erwarteten Entwicklung: Die US-Konjunktur kühlt wie erwartet ab, erwartet wird eine "sanfte Landung". Massive Einbrüche in der Bauwirtschaft werden die Wirtschaftsentwicklung im ersten Quartal 2007 weiter nach unten ziehen. Der Euroraum sollte von dieser Entwicklung unbeeindruckt bleiben, so die Erwartung der RZB. Die starke Konjunktur in Osteuropa sowie in Asien sowie die hohe Investitionsbereitschaft der Unternehmen stelle eine starke "Schwungmasse" für die Eurozone.

Bei den Zinsen wird es zu gegenläufigen Bewegungen in Europa und den USA kommen: Während die US-Notenbank Fed derzeit abwarte und in Zukunft eher wieder zu Zinssenkungen greifen dürfte, wird in der Eurozone mit weiteren Zinserhöhungen gerechnet. Brezinschek rechnet 2007 mit zwei Zinserhöhungen der EZB (Europäischen Zentralbank) um je ein Viertel Prozentpunkt: einmal in diesem Quartal und eine weitere Zinserhöhung gegen Jahresende auf dann 4,0 Prozent.

Fed in Lauerstellung

Die Fed in den USA liege "in Lauerstellung" und werde voraussichtlich erst aktiv, sobald die Kerninflation über 2,8 Prozent steige und auch der private Konsum und der Arbeitsmarkt Schwächesignale senden. Dann seien bis zu Jahresmitte zwei Zinssenkungen um je 25 Basispunkte auf dann 4,75 Prozent denkbar.

Die "abschmelzenden Zinsunterschiede" werden den Euro weiter stärken. "Erst wenn die US-Rezessionsängste und damit auch die US-Zinssenkungsspekulationen ihren Höhepunkt erreicht haben, sollte auch der Euro-Dollar-Wechselkurs sein Hoch gesehen haben", erwartet Brezinschek. Der Euro könnte sogar seinen historischen Höchststand zum Euro aus dem Jahr 2004 (von 1,367) mit Werten zwischen 1,37 und 1,40 übertreffen.

In Japan lasse die widersprüchliche wirtschaftliche Entwicklung - einer blendenden Stimmung bei den Unternehmen stehen schwache BIP-Wachstumsraten gegenüber - die Bank of Japan weiter nur sehr zurückhaltend agieren. Die anhaltenden Zinsdifferenzen zur Eurozone würden vorerst für einen weiter schwachen Yen sprechen, der RZB-Zielwert bis Ende März 2007 liegt bei 157. (APA)