Das Herzstück des neuen Experiments auf dem Weg zum Quantencomputer: der elektrooptische Modulator, der das Prinzip Zufall der Berechnungen überlistet.

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Ob und wann es Quantencomputer geben wird, darüber streiten sich auch die Experten. Wiener Quantenphysikern um Anton Zeilinger ist es nun immerhin gelungen, dem Prinzip Zufall, das bislang beim Rechnen mit Quanten störte, ein Schnippchen zu schlagen.


Wien - Niemand weiß, wie sie einmal ausschauen werden. Von praktisch einsetzbaren Quantencomputern existieren nämlich weder funktionsfähige Muster noch ernsthafte Baupläne. Dennoch gibt es gewisse Vorstellungen davon, was sie leisten könnten, wenn es sie dereinst geben sollte.

Wie in den vergangenen Jahren theoretisch gezeigt wurde, kann so ein Quantencomputer zwar prinzipiell genau dieselben Probleme berechnen wie ein klassischer Computer. Allerdings würden Quantencomputer bei einer bestimmten Klasse von Rechenaufgaben wesentlich schneller sein, denn sie können die Berechnung in wenigeren Teilschritten lösen. Die Schnelligkeit kommt vor allem daher, dass ein Quantencomputer mit einer Vielzahl von Eingabedaten gleichzeitig rechnen kann.

Das war bislang zugleich aber auch das Problem bei der ganzen Sache, wie der Quantenphysiker Anton Zeilinger anhand der "Bibliothek von Babel" erklärt, einer Erfindung des argentinischen Schriftstellers Jorge Luis Borges. Diese natürlich nur in der Theorie existierende Bibliothek enthält alle Bücher mit allen nur denkbaren Kombinationen von Buchstaben. Diese Bibliothek ist letztlich ein sinnlose Bibliothek, weil es ein unglaublicher Aufwand ist, das richtige Buch zu finden.

In gewisser Weise ist der Quantenzustand, mit dem der Quantencomputer beginnt, so etwas wie diese unendliche Bibliothek. Dieser verschränkte Anfangszustand ist so komplex und reich an Information, dass er alle im Prinzip möglichen Resultate der beabsichtigten Berechnungen enthält. Und das ist bis jetzt eines seiner Hauptprobleme gewesen: Das gewünschte Resultat kommt nämlich nur bei ganz bestimmten Messergebnissen zustande. Der Benützer musste so lange warten, bis der Quantencomputer "zufällig" das richtige Resultat liefert.

Dem Prinzip Zufall haben Forscher rund um den renommierten Quantenphysiker nun aber ein Schnippchen geschlagen, wie sie in der heutigen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature (Vol. 445, 7123) berichten. Um in der einfachen Bibliotheksmetapher zu bleiben: Die Quantenphysiker schafften es, dass die "Quanten selbst das richtige Buch schreiben", wie es Zeilinger im Interview formuliert.

Den Experimentalphysikern ist es nämlich gelungen, das Problem der Zufälligkeit durch schnelle Adaptierung der späteren Messungen auszuschalten und die Software des Computers quasi "in Echtzeit" anzupassen. Das wiederum erforderte eine Art "Vorwärtskopplung", die natürlich aufgrund der Geschwindigkeit der Photonen sehr schnell sein musste.

Im Experiment wurden deshalb ultraschnelle elektronische und optische Komponenten eingesetzt. Durch speziell angefertigte elektrooptische Modulatoren und eigens designte elektronische Logik konnte die Anpassung der Messung in weniger als 150 Nanosekunden (1 Nanosekunde = 1 Milliardstel Sekunde) erfolgen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass diese Art Quantencomputer um etwa das Tausendfache schneller ist als andere Konzepte, die nicht auf Photonen beruhen.

Wie schnell es allerdings mit der praktischem Umsetzung des Wunderdings geht, ist wieder eine andere Frage. Anton Zeilinger ist sich jedenfalls sicher, dass der Quantencomputer kommen wird. (Klaus Taschwer/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 4.1. 2007)