Prag - Der tschechische Präsident Vaclav Klaus kann sich offenbar nach dem monatelangen Tauziehen um die Regierungsbildung mit einem Vorschlag der Sozialdemokraten (CSSD) anfreunden. Das Staatsoberhaupt erachte diesen als Versicherung gegen eine Verfassungskrise, die einträte, wenn auch der zweite Versuch zur Regierungsbildung des konservativen Wahlsiegers Mirek Topolanek (ODS) scheitern würde, sagte Klaus nach Angaben von CSSD-Chef Jiri Paroubek am Donnerstag. Der CSSD-Chef hatte eine Große Koalition unter Beteiligung der Christdemokraten und eine Neuwahl des Parlamentspräsidenten angeregt.

Paroubek hatte Klaus am Donnerstag eine Große Koalition aus der konservativen ODS und seiner CSSD unter Beteiligung der Christdemokratischen Volkspartei (KDU-CSL) vorgeschlagen. Die KDU-CSL solle als Puffer zwischen den beiden großen Parteien fugieren. Die CSSD hatte außerdem die Neuwahl des Parlamentspräsidenten noch vor der Vertrauensabstimmung angeregt. Als möglichen Ministerpräsidenten brachte Paroubek den Prager Oberbürgermeister Pavel Bem (ODS) ins Gespräch. Allerdings reagierten Vertreter der ODS und der KDU-CSL verhalten auf den Vorschlag. Beide Parteien planen derzeit eine Minderheitsregierung mit den Grünen (SZ). Für eine Mehrheit rechnet die Dreier-Koalition ODS/KDU-CSL/SZ mit Abweichlern aus Reihen der CSSD.

Scheitern erwartet

Politische Beobachter erwarten ein Scheitern von Topolaneks Kabinett bei der Vertrauensabstimmung, nicht nur weil dieses über keine Mehrheit im Prager Abgeordnetenhaus verfügt. Die beiden abtrünnigen CSSD-Abgeordneten erklärten am Mittwoch darüber hinaus, die Dreier-Koalition nicht unterstützen zu wollen. Anfang Oktober hatte das erste von Topolanek angeregte ODS-Minderheitskabinett das Vertrauen des Parlaments nicht gewonnen. Er wurde von Klaus dennoch ein zweites Mal mit der Regierungsbildung betraut.

Einen eventuellen dritten Auftrag erteilt nicht mehr der Präsident, sondern laut Verfassung der Parlamentspräsident: Dies ist einer Parteieneinigung zufolge derzeit der Sozialdemokrat Miloslav Vlcek. Er wurde von den Rechtsparteien erst im siebenten Anlauf gewählt, nachdem er sich öffentlich verpflichtet hatte, zurückzutreten, bevor er in die Lage kommen würde, einen Politiker mit der Regierungsbildung zu beauftragen.

Kein Freund von Dreierkoalition

Klaus selbst ist kein Freund der Dreier-Koalition, die auf Abweichler angewiesen wäre. Er halte eine "stabile Vereinbarung von Parteien zur Mehrheitsfindung" für die beste Lösung, sagte dessen Sprecher am Donnerstag. Eine Zusammenarbeit der beiden größten Parteien ODS und CSSD würde dem Staatsoberhaupt vermutlich auch die für 2008 angestrebte Wiederwahl im Parlament sichern. Klaus missfällt außerdem die Nominierung von Karl Schwarzenberg als Außenminister wegen dessen Beziehungen zu Österreich.

Topolanek, der seit der Wahl Anfang Juni kein mehrheitsfähiges Bündnis schließen konnte, ist auch privat unter Druck. Wie am Donnerstag bekannt wurde, ging der designierte Premier auf einen Fotografen des Boulevardblatts "Blesk" los, der ihn vor dem Haus seiner möglichen Geliebten auflauerte. "Komm raus. Ich töte dich", schrie Topolanek laut "Blesk" den im Auto sitzenden Bildreporter an und trat mehrmals gegen dessen Wagen. Der Zwischenfall ereignete sich am Dienstag. Am Donnerstag traf sich Topolanek mit dem Fotografen, um den Konflikt zu klären, sagte ein Regierungssprecher. Der Premier habe vorgeschlagen, den Schaden an dem Auto des Journalisten zu begleichen und dieser habe dies akzeptiert, hieß es. (APA/CTK/dpa)